Ein Schrittchen raus aus der Dunkelkammer der Exploration
Das Appellationsgericht BS muss sich nach Urteilen in den Jahren 2017 und 2020 ein drittes Mal über einen Sachverhalt beugen, der sich vor über 10 Jahren ereignet haben soll (BGer 6B_595/2021 vom 24.06.2022, Fünferbesetzung). Das Bundesgericht beanstandet im zitierten Entscheid, dass im aussagepsychologischen Gutachten die notwendige Konstanzanalyse fehlte, die nun offenbar durch eine weitere Befragung unter Wahrung der Parteirechte vor Gericht ermöglicht werden soll:
Vorliegend braucht nicht abschliessend beurteilt zu werden, ob eine Befragung derjenigen Person, deren Aussagen analysiert werden sollen, durch die sachverständige Person zur Sache in jedem Einzelfall unabdingbar ist. Aufgrund des Ausgeführten wäre sie jedenfalls im vorliegend zu beurteilenden Fall zwingend erforderlich gewesen, um – unter der Voraussetzung, dass sich das Opfer zur Sache äussert – eine Konstanzanalyse durchführen zu können. Da die entsprechenden Aussagen der Geschädigten aufgrund der vorliegenden Ausgangslage voraussichtlich Einfluss auf die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung haben wird, hat die Befragung bzw. Exploration der Geschädigten vor Gericht mit Gewährung der Teilnahmerechte der Parteien zu erfolgen, wobei den sachverständigen Personen in geeigneter Form ein Fragerecht zu gewähren ist (vgl. Art. 185 Abs. 2 StPO). Unter den gegebenen Umständen wären einzig durch die Sachverständigen erhobene Angaben der Geschädigten zum Kernsachverhalt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mangels justizförmiger Erhebung für die gerichtliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung nicht verwertbar (vgl. Urteil 6B_257/2020 vom 24. Juni 2021 E. 4.9.1, nicht publ. in: BGE 147 IV 409), womit die Sachverständige diese Frage zu recht thematisierte (vgl. E. 2.3.3). (E. 5.4.2. Hervorhebungen durch mich).
Einfach unter Anwendung der Beweislastregel von “in dubio” einfach endlich freizusprechen, wagt in diesem Fall wohl niemand.