Eine kleine Prüfungsfrage
Sachverhalt (frei nach Tages-Anzeiger): Zwei Stadtpolizisten im Dienst beobachten, wie X. seinen Wagen auf einen gebührenpflichtigen Parkplatz abstellt und sich ohne einen Parkschein zu lösen entfernt. Aus nicht bekannten Gründen verzichten die Polizisten, X. eine Busse auszustellen. Stattdessen bezahlen sie die von X. geschuldete Parkgebühr aus der eigenen Tasche.
Aufgabe 1: Prüfen und begründen sie die Strafbarkeit der Beteiligten.
Aufgabe 2: Ändert sich Ihre Antwort auf Frage 1, wenn es sich bei X. um einen amtierenden Bundesrat handelt? Inwiefern?
Aufgabe 3: Was halten Sie von folgender Beurteilung, welche die Polizeivorsteherin öffentlich von sich gab: Das ist eine «wunderschöne Geschichte über Demokratie, Rechtsgleichheit und Respekt gegenüber den Landesvätern».
Aufgabe 4: Wie und warum könnte die Polizeivorsteherin von diesem Sachverhalt überhaupt erfahren?
Viel Erfolg!
Mir blockierte kürzlich ein Auto die Ausfahrt, das Auto stand eindeutig in einem Fahrverbot. Ich rief die kommunale Polizei an, die meinte, dafür würde sie nicht ausrücken. Nun gut, ich rief die kantonale Polizei an, die kam innert 15 Minuten, leider gab’s auch hier nur die Minimalbusse, obwohl das Auto deutlich sichtbar schon seit über einem Tag falsch parkiert war (unter anderem am Schnee zu erkennen), aber immerhin. Am Tag darauf rief mich die kommunale Polizei an und beklagte sich, dass ich die kantonale angerufen hatte. Leider sind die Anforderungen an Begünstigung hoch, und mit der Polizei möchte man sich nicht anlegen, oder?
P.S.: Wann folgen Ihre Musterlösungen?
Ich arbeite daran. Die banalen Fälle sind immer die schwierigsten.
Antwort auf Frage 1:
Grundsätzlich ist es der Polizei egal, wer die Parkuhr füttert. Es hätte ja auch sein können, dass diese noch Guthaben vom “Vorparker” gehabt hätte. Trifft das zu, hätte Mister X diese Uhr auch nicht füttern müssen.
Andererseits gilt zu beachten, dass der Auftrag des Polizisten darin besteht, Geld für die Stadt einzutreiben. Durch dieses Nachfüttern ist der Stadt somit ein Schaden enstanden.
Ob dieses Handeln einen strafrechtliche Norm verletzt hat oder lediglich eine Dienstvorschrift, kann hier nicht gesagt werden.
Antwort auf Frage 2:
Nein, die Funktion des Autofahrers hat nichts mit der Beanspruchung des öffentlichen Parkplatzes zu tun.
Antwort auf Frage 3:
Problematisch ist nur der Begriff “Rechtsgleichheit”, der Rest ist Geschwätz. Es stellt sich die Frage, ob der Polizist auch die Parkuhr gefüttert hätte, wenn Felipito Taccatum sein Auto dort abgestellt hätte. Wahrscheinlich nicht.
Antwort auf Frage 4:
Wahrscheinlich war der Polizist ein Blöffer und wollte beim Chef ein paar Punkte machen. Ist aber auch nicht strafbar.
Nicht gestellte Frage Nr.5:
Hätte der Polizist sich strafbar gemacht, wenn er dem Mister X eine Busse ausgestellt und die dann selber bezahlt hätte?