Einführung aktienrechtlicher Nachschusspflichten via StGB?
Wer eine Aktiengesellschaft nach einem Verlust nicht mir neuem Kapital ausstattet, begeht keine Misswirtschaft (Art. 165 StGB), jedenfalls nicht in der Tatbestandsvariante der ungenügenden Kapitalausstattung. Erst recht kann es nicht zulässig sein, bei den Beschuldigten eine entsprechende Ersatzforderung einzuziehen.
Die Idee des Obergerichts AG war zwar originell, gemäss Bundesgericht aber gleich mehrfach bundesrechtswidrig (BGer 6B_1103/2017 von 07.08.2018). Im Ergebnis hat das Obergericht AG die Verletzung einer aktienrechtlich nicht bestehenden Nachschusspflicht als strafbar erachtet:
Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe keine Neuliberierung vorgenommen, nachdem das einzige Aktivum der B. AG wegen des Konkurses der C. AG wertlos geworden ist, nicht aber, dass er die Gesellschaft mit einer ungenügenden Kapitalbasis gegründet habe. Für eine Verurteilung wegen Misswirtschaft in der Tatbestandsvariante der ungenügenden Kapitalausstattung besteht bereits aus diesem Grund kein Raum. Der Schuldspruch verstösst aber auch deshalb gegen Bundesrecht, weil bei einer Aktiengesellschaft keine Nachschusspflicht und damit auch keine Pflicht zur erneuten Liberierung bereits liberierter Aktien besteht. Auf diese unzutreffende Auffassung stützt sich auch die Verpflichtung zur Zahlung einer Ersatzforderung in der Höhe von Fr. 50’000.–. Sie verstösst gegen Bundesrecht und ist aufzuheben (E. 1.2.2).