Einmal mehr: in dubio pro duriore
Das Bundesgericht kassiert erneut eine Verfahrenseinstellung nach Art. 319 Abs. 1 lit. a StPO. Es ruft in Erinnerung, wann nicht von einem klaren Fall der Straflosigkeit auszugehen ist (BGer 1B_348/2011 vom 24.02.2011):
Gemäss Art. 319 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft unter anderem dann die Einstellung des Verfahrens, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (lit. a) oder kein Straftatbestand erfüllt ist (lit. b). Aus dieser Bestimmung und aus Art. 324 Abs. 1 StPO ergibt sich der Grundsatz “im Zweifel für die Anklageerhebung” bzw. “in dubio pro duriore”. Danach darf eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft nur bei klarer Straflosigkeit bzw. offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen verfügt werden. In Zweifelsfällen hat hingegen eine Anklage und gerichtliche Beurteilung zu erfolgen (sofern der Fall nicht mit Strafbefehl bzw. Strafverfügung erledigt werden kann; BGE 137 IV 219 E. 7.1 f. S. 226 f.; Urteil 1B_1/2011 vom 20. April 2011 E. 4; je mit Hinweisen) [E. 3.3].
Im vorliegenden Fall wirft das Bundesgericht der Vorinstanz vor, sie habe das Ergebnis in unzulässiger Weise den Entscheid in der Sache vorweggenommen:
Grundsätzlich kann eine Anklage auch gestützt auf ein Einzelzeugnis erfolgen, zumal wenn dieses von einem glaubwürdigen Zeugen stammt (NATHAN LANDSHUT, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, N. 17 zu Art. 319 StPO). Diesbezüglich erwog die Vorinstanz, bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Z. sei zu beachten, dass dieser offensichtlich davon ausgehe, der Beschwerdeführer pflege mit dem Lebenspartner seiner Mutter eine freundschaftliche Beziehung. Dass solche Umstände bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen mitzubedenken sind, liegt auf der Hand, sie können jedoch nicht a priori entscheidend sein.
Insgesamt kann nicht von einem klaren Fall von Straflosigkeit gesprochen werden. Im Ergebnis hat die Vorinstanz vielmehr in unzulässiger Weise den Entscheid in der Sache vorweggenommen. Dies ist insbesondere Folge des Umstands, dass sie fälschlicherweise davon ausging, die Aussagen von Z. und W. würden sich im Kern widersprechen. Bedeutsam ist jedoch auch, dass sie zu Unrecht wohl die Glaubwürdigkeit der Beschuldigten in ihre Abwägung miteinbezog, den Beschwerdeführer selbst jedoch in dieser Hinsicht völlig ausblendete. Zudem hätte die Vorinstanz sogar dann, wenn man von einem Widerspruch in den Aussagen der beiden Zeugen hätte ausgehen können, nicht verlangen dürfen, dass die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen “bedeutend höher” sei als jene des zweiten Zeugen und der Beschuldigten (E. 3.4).