Einmaleins der Strafzumessung

In einem heute im Internet publizierten Entscheid stellt das Bundesgericht die bundesrechtlich verbindliche Technik der Strafzumessung (BGer 6B_384/2009 vom 05.11.2009) umfassen dar. Ich verzichte darauf, die Erwägungen hier wiederzugeben und beschränke mich darauf, die vom Bundesgericht festgestellte Verletzung zu kopieren:

Die Vorinstanz äussert sich bei der Bemessung der Zusatzstrafe nicht dazu, welches Delikt sie unter den bereits vom Amtsgericht Solothurn-Lebern abgeurteilten und den neu zu beurteilenden Taten als schwerstes erachtet. Sie setzt dafür auch keine Einsatzstrafe unter Berücksichtigung der straferhöhenden und strafmindernden Umstände fest [vgl. dazu aber unten]. Indem sie lediglich angibt, in welcher Höhe sie eine Gesamtstrafe für sämtliche Delikte ausgefällt hätte, ist das Ausmass der Erhöhung für die weiteren Taten nicht nachvollziehbar. Der blosse Hinweis auf aArt. 68 Ziff. 1 und 2 StGB genügt nicht, da in der folgenden Begründung die entsprechenden Teilschritte der Strafzumessung nicht plausibel dargelegt werden. Die Vorinstanz verletzt ihre Begründungspflicht in Bezug auf die Strafzumessung nach der Bestimmung der retrospektiven Konkurrenz. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (E. 3.5.5.).

Dies ändert offenbar nichts an der Rechtsprechung, wonach die bloss gedanklich zu bildende Einsatzstrafe nicht beziffert werden muss:

Ist die Strafe aufgrund der Mehrheit der Delikte nach aArt. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB festzusetzen, muss der Richter in einem ersten Schritt gedanklich die Einsatzstrafe für das schwerste Delikt festlegen, indem er alle diesbezüglichen straferhöhenden und strafmindernden Umstände einbezieht. In einem zweiten Schritt hat er die Strafe zu erhöhen, um die weiteren Delikte zu sanktionieren. Auch dort muss er den jeweiligen Umständen Rechnung tragen (BGE 127 IV 101 E. 2b S. 104 mit Hinweis; Urteil 6S.378/2002 vom 11. Februar 2003 E. 3.2; Urteil 6B_579/2008 vom 27. Dezember 2008 E. 4.2.1 mit Hinweisen) (E. 3.5.2).

Meines Erachtens kann eine Strafzumessung immer nur dann als nachvollziehbar begründet gelten (Art. 50 StGB), wenn die Einsatzstrafe ausdrücklich festgesetzt, und nicht bloss gedanklich gebildet wird. Die Strafzumessung sollte ja schliesslich primär für den Verurteilten nachvollziehbar sein, der möglicherweise unter Nachvollziehbarkeit  nicht dasselbe versteht wie ein Bundesrichter. Hier ist das Bundesgericht bisweilen zu grosszügig mit den Vorinstanzen. Immerhin hat es auch schon in diesem Sinn entschieden (vgl. dazu meinen früheren Beitrag):

Ohne ausdrückliche Festsetzung einer Einsatzstrafe ist daher in casu nicht nachvollziehbar, ob und um wieviel diese Strafe aufgrund der anderen Straftaten erhöht wurde, sprich, ob die Vorinstanz das Asperationsprinzip korrekt angewendet hat. Da sich der Begründung mithin nicht rechtsgenüglich entnehmen lässt, welche Straftaten wie gewichtet wurden, ist auch die ausgesprochene Gesamtstrafe im Ergebnis nicht überprüfbar (BGE 127 IV 101 E. 3; Urteil 6S.378/2002 vom 11. Februar 2003 E. 3.2; vgl. ferner Ackermann, a.a.O., Art. 49 N. 52) [BGer 6B_579/2008 vom 27.12.2008, E. 4.4].