Einsicht in alle massgebenden Akten

Das Bundesgericht kassiert einmal mehr einen Haftentscheid aus dem Kanton Zürich wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs (BGer 1B_226/2010 vom 23.07.2010). Der angefochtene Haftentscheid basierte auf nur einem Teil der Akten. Die auf einer CD ROM zur Verfügung gestellten Daten prüfte der Haftrichter nicht. Dem Verteidiger waren sie nicht zugänglich. Dieser machte erfolgreich geltend, dass sich auf der CD ROM Daten befinden könnten, welche die Haftgründe entkräften könnten:

Wie der Beschwerdeführer zutreffend einwendet, kann – da inzwischen umfangreiche Einvernahmen stattgefunden haben – nicht ausgeschlossen werden, dass sich auf der CD weitere Einvernahmen auch mit jenen Personen befinden, gegenüber denen nach dem angefochtenen Entscheid Kollusionsgefahr bestehen soll. Der Haftrichter, der auf Vernehmlassung verzichtet hat, bestreitet dies nicht. Unter diesen Umständen hätte dem Beschwerdeführer bzw. seinem Verteidiger Einsicht in die auf der CD gespeicherten Unterlagen gewährt werden müssen. Nur so wäre der Verteidiger in der Lage gewesen, zu prüfen und gegebenenfalls nachzuweisen, dass zwischen den Aussagen der befragten Personen und den Aussagen des Beschwerdeführers keine nennenswerten Abweichungen mehr bestehen und Kollusionsgefahr daher nicht mehr angenommen werden kann.
Der Beschwerdeführer konnte demnach keine Einsicht in sämtliche massgebenden Akten nehmen. Sein Anspruch auf rechtliches Gehör ist daher verletzt worden. Die Beschwerde ist insoweit begründet (E. 2.3).
Das Bundesgericht hätte hier wohl auch argumentieren können, es stehe gar nicht fest, dass es sich bei den Akten um massgebende Akten handelte. Entscheidend war möglicherweise jedoch, dass nachweislich Einvernahmen stattgefunden hatten, deren Protokolle nur elektronisch vorhanden waren. Ich persönlich würde einen Schritt weiter gehen und sagen, massgeblich sei (mindestens) alles, was dem Haftrichter zur Verfügung steht. Insofern ist es sicher richtig, dass der Haftrichter die nur teilweise ermöglichte Akteneinsicht der Verteidigung nicht mit dem Argument „heilen“ konnte, er habe bloss auf die einsehbaren Akten abgestellt.