Engeler's Plädoyer

Die aktuelle Ausgabe der Weltwoche enthält das vorgezogenes Plädoyer von Urs Paul Engler, der sich am 16. August in Bern vor einer Einzelrichterin verantworten muss (vgl. dazu meinen früheren Beitrag).

Das Plädoyer hat verschiedene Stossrichtungen:

  1. In eigener Sache: Bekanntgabe des Gerichtstermins und der Gerichtspräsidentin (SP)
  2. In eigener Sache: Eigenlob und wohl ein bisschen Selbstüberschätzung bezüglich der Wirkungen der angeblich strafbaren Veröffentlichung
  3. Rechtspolitisch: Kritik an Art. 293 StGB
  4. Strafprozessual: In Fragestellen des Gerichtsstands Bern
  5. Bundesanwaltschafts-Bashing: Die Rolle des zuständigen Bundesanwalts bei der gescheiterten Untersuchung der Geheimnisverletzung, die der Publikation Englers vorausgegangen war

Ob dieses Plädoyer der eigenen Sache dient, wage ich zu bezweiflen: “He who represents himself has a fool for a client and an idiot for a lawyer.” Hier ein paar Ausschnitte:

Die Gerichtspräsidentin müsste in der zweiten Runde die Verfügung eines Kollegen im Hause korrigieren.

Bern kann die Bedingungen der Produktion und der Verantwortlichkeiten gar nicht abklären. Wenn Gerichtspräsidentin […] am 16. August um 8.30 Uhr die Verhandlung eröffnet, ist sie dazu gar nicht autorisiert. Der Prozess müsste abgebrochen werden, bevor er begonnen hat.

Nur die in der antiquierten Verehrung der Obrigkeit stehen gebliebene Berner Justiz behandelt Indiskretionen wie subversive Attacken auf die Staatsgewalt.

In Wirklichkeit ist Artikel 293 das Vehikel der Willkür der Regierungen und der Behörden, die, wann immer sie wollen, sich so der Öffentlichkeit und deren Reaktion auf Entscheidungsprozesse entziehen können.

Die Indiskretionen, die als Reaktionen auf die Politik der Geheimhaltung mittlerweile zum System gehören, haben Wirkung, richten politisch aber gar keinen Schaden an. Die gestörte Befindlichkeit erschreckter Beamtenseelen oder rauere Luftwirbel im Bundesrat sind keine Gründe, das Rechtsgut der freien Berichterstattung in Frage zu stellen.

Demokratiepolitisch abartig ist, dass die korrekte, exakte Aufklärung über reale Vorgänge im Bundeshaus kriminalisiert wird.

Die amtliche Propaganda ist die Schwester der Geheimhaltung; sie kann ihre Wirkung nur entfalten, wenn die Berichterstattung von oben gelenkt wird. Aktive Verlautbarung und Diskretion bedingen sich gegenseitig.

[…] ich verlange den unbedingten, den eindeutig demokratiepolitisch begründeten Freispruch, einen klaren Akt der Stärkung der Demokratie und der Bürgerrechte.