Entlassung aus dem vorzeitigen Vollzug: Zuständigkeit im Berufungsverfahren
Während eines hängigen Berufungsverfahrens stellte ein Berufungskläger ein Gesuch um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug. Die Verfahrensleitung trat darauf in Verletzung von Art. 233 StPO nicht ein (vgl. BGer 1B_116/2013 vom 12.04.2013):
Art. 233 StPO beschränkt die Zuständigkeit des Berufungsgerichts nicht auf die Behandlung von Entlassungsbegehren aus der Sicherheitshaft, sondern spricht allgemein von Haftentlassungsgesuchen. Darunter fallen nach dem Zweck der Bestimmung auch Gesuche um Entlassung aus vorzeitigem Straf- und Massnahmenvollzug. Art. 233 StPO hat zum Ziel, den Betroffenen vor ungerechtfertigter Freiheitsentziehung zu schützen (vgl. insoweit BGE 133 IV 187 E. 6.4 S. 199 zur Anwendung von Haftregeln auf den vorzeitigen Sanktionsvollzug). Da sich die Freiheitsentziehung auch im vorzeitigen Vollzug nicht auf ein rechtskräftiges Strafurteil stützt, ist sie gegen den Willen des Betroffenen nur so lange gerechtfertigt, als die Haftvoraussetzungen erfüllt sind (BGE 117 Ia 72 E. 1d S. 80; FRANZ RIKLIN, StPO Kommentar, 2010, N.1 zu Art. 236). Über die Rechtmässigkeit der Freiheitsentziehung hat nach Art. 31 Abs. 4 BV und Art. 5 Ziff. 4 EMRK – auch im vorzeitigen Sanktionsvollzug – eine gerichtliche Behörde zu befinden (BGE 133 I 270 E. 2 S. 275; 126 I 172 E. 3a S. 174; je mit Hinweisen; HANS VEST, in: Kommentar BV, 2. Aufl. 2008, N. 33, 35 und 36 zu Art. 31). Der Anspruch auf gerichtliche Haftprüfung ist von Bundesrechts wegen dann gewährleistet, wenn die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts nach Art. 233 StPO neben der Entlassung aus der Sicherheitshaft auch über jene aus dem vorzeitigen Sanktionsvollzug entscheidet (E. 2.1).
In einem Eventualstandpunkt hielt die Vorinstanz dafür, dass das Gesuch ohnehin abzuweisen gewesen wäre. Dabei hat sie übersehen, dem Beschwerdeführer das Replikrecht zu gewähren:
Die Akten enthalten keinen Beleg dafür, dass die Vorinstanz dem Beschwerdeführer die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zugestellt hätte. Die Vernehmlassung ist beim Strafappellationshof am 15. März 2013 eingegangen, das heisst am Tag des Entscheids. Eine rechtzeitige Zustellung an den Beschwerdeführer mit der Möglichkeit, sich dazu zu äussern, war unter diesen Umständen nicht möglich (E. 3.2).