Entschädigungsanspruch verweigert
Das Appellationsgericht BS hat versucht, einem Häftling die Entschädigung nach Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO zu verweigern, obwohl die Haft auch Sicht des Appellationsgerichts formell rechtswidrig war. Er habe keine immaterielle Unbill erlitten. Das Bundesgericht sieht es genauso, weist die Vorinstanz aber auf die EMRK hin, die bei der Basler Justiz nicht besonders beliebt zu sein scheint (BGer 6B_1420/2022 vom 10.03.2023):
Der aus Art. 5 Abs. 5 EMRK abgeleitete Entschädigungsanspruch besteht unabhängig vom Ausgang des Verfahrens, insbesondere des Verhaltens der beschuldigten Person. Die zuständige Strafbehörde entscheidet über den Anspruch von Amtes wegen im Endentscheid, wobei die Frage nach dem Ob einer Entschädigung aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Bestimmung nicht im Ermessen der Strafbehörde liegt. Für die Art und den Umfang der Wiedergutmachung nach Art. 429 ff. StPO dürfen die allgemeinen Bestimmungen der Art. 41 ff. OR herangezogen werden. Die Wahl der Art der Wiedergutmachung obliegt nicht der beschuldigten Person, sondern steht im Ermessen des Richters (vgl. Urteile 6B_878/2019 vom 20. Mai 2020 E. 1.4.2; 6B_1223/2019 vom 27. März 2020 E. 8.3; 6B_149/2017 vom 16. Februar 2018 E. 11.3 mit Hinweisen; vgl. WEHRENBERG/FRANK, a.a.O., N. 3 ff. zu Art. 431 StPO) [E. 2.3.3].
Auf den Fall angewendet heisst das dann so:
Die Inhaftierung des Beschwerdeführers vom 22. April 2022 bis zum Haftentscheid der Vorinstanz vom 31. August 2022 ist mangels eines gültigen strafprozessualen Hafttitels als formell rechtswidrig zu qualifizieren, was vorliegend unumstritten ist (vgl. Urteil 1B_375/2022 vom 4. August 2022). Die Unrechtmässigkeit von erstandener Haft ist nach der Rechtsprechung in der Regel im Dispositiv des Haftprüfungsentscheides festzustellen (BGE 142 IV 245 E. 4.1; 140 I 246 E. 2.5.1; Urteil 6B_137/2016 vom 1. Dezember 2016 E. 1.1; je mit Hinweisen); dem wurde mit verfahrensleitender Verfügung vom 18. Mai 2022 nachgekommen.
Zwar liegt die Wahl der Art der Wiedergutmachung im Ermessen des Richters; dies bezieht sich jedoch nicht auf die Frage nach dem Ob einer Entschädigung (vgl. E. 2.3.3 oben). Indem die Vorinstanz dem Beschwerdeführer zu Unrecht eine Entschädigung verweigert und dies damit begründet, das vorübergehende Fehlen eines gültigen Hafttitels und die damit verbundene formelle Rechtswidrigkeit sei unter den vorliegenden Umständen stark zu relativieren und überdies habe die formelle Rechtswidrigkeit der angeordneten Sicherheitshaft in casu keine schwerwiegenden Auswirkungen auf den Beschwerdeführer gehabt, verletzt sie Bundesrecht. Die Vorinstanz hat den an den Beschwerdeführer auszurichtenden Anspruch festzusetzen (E. 2.4).
Mit Spannung zu erwarten ist, wie das Appellationsgericht entschädigen wird und ob das Bundesgericht erneut angerufen werden muss.
Sie haben doch in der Schweiz den Artikel 431 StPO. Dieser steht doch für die Entschädigung von rechtswidrigen Zwangsmassnahmen in der Schweiz. Dieser Artikel entspricht doch Artikel 5.5 EMRK? und nicht Art. 429 StPO, welcher eher in Art. 6 EMRK verankert ist, aber nicht sein muss, für ungerechtfertige Haft im Vorverfahren gibt es keinerlei Anspruch auf Entschädigung (nach EGMR in der EMRK). Verstehe einfach nicht wieso in dem Urteil dieser Unterschied zwischen rechtswidriger und ungerechtfertigter Haft auf einmal verwoben ist.
“Das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist insoweit infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Kosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Dem Kanton Basel-Stadt sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Dieser hat aber dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren im Umfang seines Obsiegens eine angemessene Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG), welche dessen Rechtsvertreter auszurichten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird insoweit gegenstandslos.
Der Bf. obsiegt teilweise, jedoch ist insoweit infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen ( Art. 64 Abs. BGG).
:-)))))) Gott.. ihr Bundesgericht
@Tades Brasauskas: Ich verstehe Ihren Kommentar im Zusammenhang mit den von Ihnen zitierten Passagen nicht. Es entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass die unentgeltliche Rechtspflege für aussichtslose Teile der Beschwerde verweigert werden kann (also auch nur teilweise gewährt werden kann). Wenn man das Urteil liest sieht man, dass ein Teil der Begehren in der Beschwerde (Erw. 1.) aussichtslos waren, weil schon die Anforderungen an eine rechtsgenügliche Begründung für einer Beschwerde für die Begehren nicht erfüllt waren und diese Begehren selbst wenn man darauf eingetreten wäre aus materiellen Gründen abzuweisen gewesen wäre. Somit war nur das Begehren in der Beschwerde (Erw. 2) bezüglich der Entschädigung nicht aussichtslos, da in diesem Punkt obsiegt wurde und die unengeltliche Verbeiständung wurde für diesen Punkt wegen der Zusprechung einer Parteientschädigung durch das Obsiegen gegenstandslos, da der unentgeltliche Rechtsbeistand soweit die unentgeltliche Verbeiständung gewährt worden wäre nicht entschädigt werden muss soweit er bereits eine Parteientschädigung erhalten hat. Ob die 500 Franken Parteientschädigung eine angemessene Entschädigung für den Aufwand für diesen Punkt ist, kann ich nicht beurteilen, aber anscheinend hält sich der Aufwand für eine Beschwerde in diesem Punkt in Grenzen.