Entscheid gegen Trojaner
Gemäss einem Beitrag von 10vor10 haben die Strafverfolgungsbehörden des Kantons St. Gallen den Einsatz eines Trojaners gegen eine des Drogenhandels verdächtige Person beantragt. Der Bewilligungsrichter hat den Antrag mangels gesetzlicher Grundlage abgewiesen und seine Überlegungen in einem Kurzinterview erläutert.
Der Beitrag ist online. Er wirft u.a. die Frage auf, wie denn die Ermittler erfahren konnten, auf welchem Computer der Trojaner zu installieren war. Dazu schweigt der Beitrag, der mit folgendem Kommentar – ganz im „Stil“ von 10vor10 halt – abschliesst:
Die Untersuchung in Sachen Kokainschmuggel an der Grenze zu Österreich verlief im Sand, nachdem der Richter die Ermittler gestoppt hatte.
Ob sich die Strafverfolger ausserhalb des Kantons St. Gallen (dort ist der Spielraum nun wohl erschöpft) damit begnügen, die in der Bundespipeline befindliche Gesetzesnovelle abzuwarten, wage ich zu bezweifeln. Es wird ja die Meinung vertreten, für technische Überwachungsmassnahmen wie Trojaner seien die kantonalen Polizeigesetze und Strafprozessordnungen und nicht das BÜPF anwendbar (wie der Präsident der Anklagekammer SG sein Urteil begründet hat, sagt der Beitrag leider nicht).
Zürich und andere Kantone verlangen für „andere technische Überwachungsmassnahmen“ die analoge Anwendung des BÜPF. Wegen der zwangsläufigen und im Voraus nicht absehbaren Überschneidungen in der Umsetzung gibt es m.E. gar keine andere Möglichkeit der Ausgestaltung.
Umgekehrt muss der Begriff „andere technische Überwachungsmassnahmen“ als gesetzliche Grundlage ausreichen. Es kann nicht die Auflage des Gesetzgebers sein, jede gegenwärtige und zukünftige Überwachungsmassnahme im Gesetz zu nennen. Nur der Eingriff selbst braucht eine gesetzliche Grundlage, nicht dessen technische Ausgestaltung. Sonst würde sich die StPO bald wie eine Patentanmeldung lesen.
Abgesehen davon: Dass man in SG nun offenbar ‚konventionelle‘ Telefonie problemlos überwachen darf, nicht aber VoIP-Telefonie wie z.B. Skype mutet nicht nur aus praktischer Sicht etwas sonderbar an.
Den vollständigen Entscheid kann man in der GVP 2006 (S. 295 f.) nachlesen: http://www.sg.ch/content/kanton_st__gallen/services/GVP.html
Herzlichen Dank für den Hinweis! Ich werde darauf zurückkommen.