Entsiegelung beschlagnahmter Schriftstücke
Das Bundesgericht tritt auf eine Beschwerde in einem Entsiegelungsverfahren nicht ein (1B_200/2007 vom 15.01.2008), macht aber interessante Feststellungen zum Verfahren.
Zunächst stellt es klar, dass nebst Hausdurchsuchung und Beschlagnahme auch die Entsiegelung eine Zwangsmassnahme darstellt, nicht aber Verfügungen, welche die Entsiegelung vorbereiten:
Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen bilden nach der oben (E. 2.1) dargelegten Praxis anfechtbare Zwangsmassnahmen im Sinne von Art. 79 BGG. Die Entsiegelung stellt einen weiteren zwangsweisen Eingriff in die Freiheitsrechte und Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen dar, soweit die Freigabe der beschlagnahmten und versiegelten Daten und Gegenstände zur Durchsuchung und weiteren Verwendung durch die Strafverfolgungsbehörden angeordnet wird (vgl. BGE 1S.42/2005 vom 28. März 2006, E. 1.2). In den vorbereitenden richterlichen Verfahrensschritten, die einen solchen allfälligen Entsiegelungsentscheid erst ermöglichen, liegt hingegen nach der dargelegten Praxis des Bundesgerichtes noch keine selbstständige strafprozessuale Zwangsmassnahme im Sinne von Art. 79 BGG (und bei Entscheidungen gestützt auf kantonales Prozessrecht auch keine Zwischenverfügung mit drohendem nicht wieder gutzumachendem Nachteil, vgl. Urteile 1P.133/2004 vom 13. August 2004, E. 1; 1P.752/2003 vom 20. April 2004, E. 1.1). Dies gilt namentlich für das Entfernen des Siegels durch den (von der BK delegierten) Entsiegelungsrichter, damit dieser die nötige Sichtung und Triage durchführen kann, bevor die BK in ihrer beschwerdefähigen verfahrensabschliessenden Verfügung entscheidet, welche Dokumente und Daten zu Strafverfolgungszwecken verwendet werden dürfen (E. 2.3).
Vermutlich – die genauen Rügen sind dem Urteil nicht zu entnehmen – stiess sich der Beschwerdeführer daran, dass der Entsiegelungsrichter auch die Bundesanwaltschaft eingeladen hatte, der Entsiegelung beizuwohnen. Dies veranlasste das Bundesgericht zu Feststellungen, die teilweise fragwürdig sind:
Nach der Praxis des Bundesgerichtes darf der Entsiegelungsrichter zur Erleichterung der Sichtung und Triage von umfangreichem und schwer überschaubarem beschlagnahmtem Material auch Vertreter der Strafverfolgungsbehörde beiziehen, um zu klären, welche Dokumente für die hängige Strafuntersuchung überhaupt von Bedeutung sein können. In Nachachtung des Verhältnismässigkeitgebotes und im Interesse der Verfahrenseffizienz waren bereits bei der Beschlagnahme jene Dokumente auszuscheiden, die für die Untersuchung offensichtlich irrelevant erschienen (vgl. Art. 69 Abs. 2 BStP). Zu diesem Zweck durfte und musste grundsätzlich schon die Untersuchungsbehörde eine grobe thematische Sichtung vornehmen. Anders zu entscheiden hiesse, dass praktisch alle bei einer Hausdurchsuchung vorgefundenen Unterlagen beschlagnahmt werden müssten. Diese erste kursorische Ausscheidung darf jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes nicht dazu missbraucht werden, Privat-, Berufs- oder Geschäftsgeheimnisse zu verletzen bzw. das Entsiegelungsverfahren zu umgehen. Falls der Betroffene die Versiegelung beantragt bzw. schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen geltend macht, dürfen daher die Dokumente anlässlich der Beschlagnahme noch nicht im Detail durchsucht und ausgewertet werden. Der Betroffene hat allerdings die Obliegenheit, die Untersuchungsbehörde bei der groben thematischen Aussonderung von Dokumenten zu unterstützen; auch hat er jene Aktenstücke zu benennen, die seiner Ansicht nach der Geheimhaltung und Versiegelung unterliegen (BGE 1S.5/2005 vom 6. September 2005, E. 7.6) (E. 2.6).
Fragwürdig sind die Feststellungen im Hinblick darauf, dass das Verhältnismässigkeitsprinzip zugunsten des Staates (!) angewendet wird und damit Eingriffe in die Privatsphäre vor einem richterlichen Entscheid aus Praktikabilitäts- und Effizienzgründen einfach hingenommen werden. Dass die so erlangten Informationen nicht zur Umgehung des Grundrechtsschutzes missbraucht werden dürfen, ist zwar eine völlig unwirksame Anmerkung des Bundesgerichts, indem es von den Strafverfolgungsbehörden Unmögliches verlangt, nämlich so zu tun, als hätten sie das Gesehene nicht gesehen.