Entsiegelungsverfahren: Substantiierungspflicht auch bei Anrufung von Berufsgeheimnissen
Wer Informationen, die dem Anwaltsgeheimnis unterliegen sollen, von einer Entsiegelung ausnehmen will, muss gemäss einem heute veröffentlichten Bundesgerichtsentscheid nicht nur die Namen der Anwälte nennen, sondern auch darlegen, dass sie im Rahmen einer typischen Anwaltstätigkeit konsultiert worden waren (BGer 7B_554/2024 vom 21.10.2024).
Die Beschwerde wurde dennoch teilweise gutgeheissen, weil in einem Fall aus den Einlassungen des Beschwerdeführers hervorging, dass die betroffene Anwältin in einem geschützten Bereich mandatiert worden war:
Sur la base de ces précisions, on ne saurait reprocher au recourant de n’avoir pas démontré que l’avocate prénommée avait agi dans le cadre de l’activité typique de l’avocat. Le TMC ne pouvait dès lors pas lui opposer son absence de collaboration s’agissant de ce mandat. Par conséquent, le TMC a violé le droit fédéral en prononçant la levée des scellés sur la correspondance, les documents et enregistrements audio échangés entre le recourant et Me B., ainsi que tout collaborateur de son Étude, notamment Me C. Partant, le recours doit être amis sur ce point.
Der Entscheid wirft ein weiteres Schlaglicht auf den Eifer der Strafbehörden, das Anwaltsgeheimnis contra legem zu marginalisieren. Ich sehe nicht ein, wieso es nur im Monopolbereich gelten soll. Bei anderen Berufsgeheimnissen ist es doch auch nicht so, oder übersehe ich da was?
Interessant finde ich das Sie das Gericht den Strafverfolgungsbehörden zurechnen, dieses fällt ja den Entscheid.
Ich teile diese Ansicht allerdings.
Es wird wohl Zeit, dass Anwälte ihre Smartphones und Notebooks ordentlich verschlüsseln – und auch vernünftige Passwörter verwenden. Fingerabdrucksensoren lassen sich schliesslich ziemlich leicht austricksen.
Ich will ja nicht prahlen, aber die Staatsanwaltschaft bzw. die Polizei, die unter deren Auftrag handelte, hat damals versucht, mein bereits fünf Jahre altes Samsung S9 mit Hilfe von Cellebrite zu knacken. Der eine Polizist war sichtlich verwirrt, warum er ausgerechnet dieses mal bei diesem Frechdachs nicht reinkam – obwohl das S9 Modell laut der Cellebrite-Website als “knackbar” gelistet war. Bei anderen klappte das anscheinend immer problemlos.
Mit den heutigen virtuellen SIM-Karten kann man das Handy übrigens aus der Ferne ausschalten bzw. darauf zugreifen. Da können die Polizisten noch ewig versuchen eine Sim rauszuholen (eventuell eine Decoy reinschieben). Interessant ist auch, dass Polizisten die beschlagnahmten Geräte meistens gar nicht ausschalten bzw. sogar aktiv aufladen. Und selbst wenn, wer sich auskennt, kann sie trotzdem aus der Ferne wieder einschalten.
Heutzutage wäre es ziemlich unklug, sich eine potenzielle Wanze ins Haus zu holen, die nicht nur den gesamten Netzwerkverkehr und Bluetooth mitschneidet, sondern sogar vorgibt, der Akku sei leer, während eine Infrarotkamera zeigt, dass der Prozessor unter Volllast glüht (“das Ding ist warm”). Natürlich würde ich sowas niemals einsetzen. Ich doch nicht.
Na ja,
Ärzte oder Pfarrer sind in der Regel nicht gleichzeitig beruflich als Treuhänder, Willensvollstrecker, Urkundspersonen, Briefkastenonkel, Verwaltungsrat/Geschäftsführer, Hinterlegungsstelle, Finanzintermediäre, Konkursliquidatoren, Medienfachpersonen, staatliche Untersuchungsorgane (bspw. FINMA), Immobilienvermittler — oder WEISS DER GEIER, was sonst noch unter den Anwälten verbreitet ist — tätig.
Hier hat der umtriebige Anwaltsstand nun einmal ein Alleinstellungsmerkmal unter den Berufsgeheimnisträgern. Deswegen ist es korrekt, von einem Monopolbereich zu sprechen.
@Anonymous: Guter Punkt, aber so einfach ist es wohl schon nicht. Sie denken im Übrigen vom falschen Ende her. Das Berufsgeheimins schützt nicht oder jedenfalls nicht primär die Geheimnisträgerin, sondern den Geheimnisherrn.