Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Oberstaatsanwalt
Das Bundesgericht erteilt der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich die Ermächtigung, gegen ihren Oberstaatsanwalt Martin Bürgisser zu ermitteln. Es heisst damit eine Beschwerde von NR Christoph Blocher gut. Das Bundesgericht fasst den Sachverhalt wie folgt zusammen (BGer 1C_96/2013 vom 17.06.2013, Dreierbesetzung):
Z. war bis zum 29. Februar 2012 Juristischer Sekretär der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Am 27. Februar 2012 wurde er vom Leitenden Oberstaatsanwalt beauftragt, ein Memorandum zur Frage zu überarbeiten, ob gegen Nationalrat Christoph Blocher eine Strafuntersuchung zu eröffnen sei. Z. stellte das Memorandum am 4. März 2012 fertig und empfahl, gegen Christoph Blocher eine Strafuntersuchung zu eröffnen. Am 7. März 2012 kamen mehrere Personen der Strafverfolgungsbehörden des Kantons Zürich zu einer Sitzung zusammen. An dieser Sitzung kam man zum Schluss, dass gegen Christoph Blocher eine Strafuntersuchung zu eröffnen sein werde. Am 8. März 2012 sandte Oberstaatsanwalt Martin Bürgisser, der an der genannten Sitzung teilgenommen hatte, Z. eine E-Mail, welche unter anderem folgenden Wortlaut hatte: „Gerne informiere ich dich, dass das Gremium gestern entschieden hat, gemäss auch deiner Empfehlung weiter zu verfahren. Fortsetzung folgt. Wenn auch nicht gleich morgen.“
Näheres dazu bei NZZonline/sda. Die Namen der Betroffenen sind im Urteil des Bundesgerichts offengelegt. Nur der damalige juristische Sekretär ist anonymisiert.
Wie kam diese E-Mail denn überhaupt Herrn Blocher zur Kenntnis? In den Akten dürfte sie wohl kaum gelegt worden sein…
Muss wohl doch. Erstaunt mich auch gar nicht. Aktenvollständigkeit wird manchmal erstaunlich ernst genommen. Vielleicht nicht unbedingt um des Grundsatzes Willen.
Erstaunlich ist, dass das Bundesgericht gleich selbst die Ermächtigung ausspricht. Kann es das überhaupt? Es ist doch eine Ermächtigung des Kantons (und nicht des Bundes) notwendig. Hätte deshalb nicht eher eine Rückweisung zur Ermächtigung erfolgen müssen?
Es wird die Oberstaatsanwaltschaft ermächtigt. Diese führt im Kanton Zürich gar keine Untersuchungen, vielmehr tun dies die Staatsanwaltschaften. Darf nun die Oberstaatsanwaltschaft dennoch ein Verfahren eröffnen? Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage (vgl. § 104 ff. GOG/ZH).
Wenig differenziert ist im Entscheid der Unterschied zwischen Ermächtigungsverfahren und Nichtanhandnahme. Wird in E. 3 darauf hingewiesen, dass Voraussetzung für die Ermächtigung sei, dass die Anzeige nicht mutwillig ist. Danach folgt der Hinweis auf Art. 309 StPO (in E. 4.1). Was ist jetzt zu prüfen: Tatverdacht oder Mutwilligkeit? Das ist nicht dasselbe.
Ist der Entscheid am Resultat aufgehängt worden?
Das sind gute Fragen, deren Antworten sich aus dem Entscheid leider nicht entnehmen lassen, vielleicht auch gar nicht gestellt wurden. Der Verdacht, dass man das gewünschte Ergebnis herbei argumentiert hat, kann m.E. nie ganz ausgeräumt werden, v.a. wenn es um Fälle geht, die öffentlich beachtet werden. Im vorliegenden Fall finde ich das Ergebnis aber schon fast zwingend (so dass mich der Verdacht nicht stört).
Der Zweck heiligt also die Mittel… und das aus dem Munde eines Anwalts… das hätte ich eher von einem Staatsanwalt erwartet 😉