Ersatzforderung gegen Mittellose?

Das Obergericht AG muss sich erneut mit der Frage auseinandersetzen, ob es einer verurteilten Person eine Ersatzforderung auferlegen darf. Das Bundesgericht weist darauf hin, dass dabei die wirtschaftliche Lage des Betroffenen zu beachten ist (BGer 6B_1354/2021 vom 22.03.2023)

In casu ist aufgrund der Feststellungen der ersten Instanz, auf die im angefochtenen Urteil verwiesen wird, unbestritten, dass die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers schlecht sind. Im Berufungsverfahren machte er denn auch geltend, dass eine Ersatzforderung uneinbringlich sei und seine Wiedereingliederung dadurch ernstlich behindert würde. Ungeachtet dessen setzt sich die Vorinstanz mit der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers nicht näher auseinander (eine nähere Erörterung findet im Übrigen auch im erstinstanzlichen Urteil, Akten Vorinstanz pag. 1 ff., nicht statt). Die Vorinstanz äussert sich insbesondere nicht dazu, ob die Ersatzforderung einbringlich sein wird respektive wie der Beschwerdeführer sie finanzieren wird und prüft nicht, ob die Ersatzforderung die Resozialisierung ernsthaft gefährden könnte. Zwar ist das Gericht von Gesetzes wegen nicht verpflichtet, bei allfälliger Uneinbringlichkeit von einer Ersatzforderung abzusehen (Urteile 6B_988/2017 vom 26. Februar 2018 E. 3.4; 6B_296/2014 vom 20. Oktober 2014 E. 5.5 mit Hinweis). Die Anordnung einer Ersatzforderung setzt jedoch in jedem Fall eine Auseinandersetzung mit den finanziellen Verhältnissen der betroffenen Person und mit den Auswirkungen der Ersatzforderung auf die Resozialisierungschancen voraus (vgl. E. 4.3 und 4.4 oben). Die umstrittene Ersatzforderung bemisst sich vorliegend auf beträchtliche Fr. 500’000.–. Der Beschwerdeführer macht vorliegend, wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren (Berufungsbegründung vom 11. November 2020, Akten Vorinstanz pag. 162), insbesondere geltend, verschuldet zu sein und familienrechtliche Unterstützungspflichten erfüllen zu müssen. Derartige Elemente haben sich in der Beurteilung der Ersatzforderung niederzuschlagen. Im angefochtenen Urteil fehlen jedoch die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen zur wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers. Das Sachgericht verfügt bei der Anordnung einer Ersatzforderung wie erwähnt zwar über einen grossen Ermessensspielraum (vgl. E. 4.3 oben). Das Ermessen kann jedoch erst ausgeübt werden, wenn die dem Entscheid zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse hinreichend abgeklärt wurden. Dies ist vorliegend nicht der Fall (E. 4.5.1).

Vorsorglich macht das Bundesgericht die Vorinstanz noch darauf aufmerksam, dass Ersatzforderungen auf dem zivilprozessualen Weg zu vollstrecken sind:

Sollte die Vorinstanz in ihrem neuen Entscheid nach wie vor auf eine Ersatzforderung erkennen, ist sie darauf hinzuweisen, dass die direkte Verwendung eines beschlagnahmten Vermögenswerts zur Tilgung der Ersatzforderung gegen Bundesrecht verstösst. Die Vollstreckung einer Ersatzforderung hat vielmehr nach den Vorschriften des SchKG durch die entsprechend zuständigen Behörden zu erfolgen. Dies ergibt sich aus Art. 71 Abs. 3 Satz 2 StGB (E. 4.5.2)..