Erster BGE zum neuen Haftgrund
Seit 1. Januar 2024 ist der neue Haftgrund der qualifizierten Wiederholungsgefahr von Art. 221 Abs. 1bis StPO in Kraft. Heute veröffentlicht das Bundesgericht seinen – soweit ich es überblicke – ersten Entscheid dazu (BGE 7B_155/2024 vom 05.03.2024, Publikation in der AS vorgesehen).
Der neue Haftgrund und der Entscheid werden vermutlich dazu führen, dass vermehrt nun auch die Untersuchungshaft faktisch durch Psychiater verhängt wird. Doch wenn die Psychiater bloss mittelgradige Wiederholungsgefahr feststellen, dann macht halt der Richter auf Psychiater und erhöht die Gefahr, indem er sich auf Prognoseelemente stützt, die der Gutachter – möglicherweise aus gutem Grund? – nicht berücksichtigt hatte:
Es verletzt auch kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz von einer “mittelgradigen bis erhöhten Rückfallgefahr” für schwere Gewaltverbrechen ausgeht, zumal sie willkürfrei weitere Prognoseelemente erwähnt, die von der medizinischen Gutachterin noch nicht berücksichtigt worden waren (E. 3.6.4, Hervorhebungen durch mich).
Das tönt fast, wie wenn der Gerichtsschreiber ein Urteil zu begründen hatte, dem er nicht zustimmt. Das war aber eher nicht so, denn das Bundesgericht belegt seine Rechtsauffassung primär mit der Lehrmeinung von Prof. Dr. Marc Forster. Forster ist auch der Gerichtsschreiber, der das Urteil redigiert und unterzeichnet hat, obwohl er sich dabei mehrfach selbst zitiert; u.a. zu den Fragen, die den Entscheid zum Grundsatzentscheid machen.
Lieber Koni, ich habe das Bundesgericht bereits letztes Jahr dazu angerufen (Urteil 1B_189/2023 vom 28. April 2023).
Bereits dort hiess es im Wesentlichen: Eine qualifizierte Wiederholungsgefahr ist
dann gegen, wenn die Psychiaterin bzw. der Psychiater sagt, dass sie gegeben ist.
Mit anderen Worten: Was nicht passt wird passend gemacht.
Warum wird die Untersuchungshaft trotz Verhältnismässigkeitsprinzip und Ultima Ratio so oft angeordnet? Warum sind Ersatzmassnahmen per se nie ausreichend?
Der Logik der StA und Gerichte inkl. BGER kann ich nicht folgen. Die lassen lieber Unschuldige in Untersuchungshaft leiden und das über X Monate. Existenzen und Familien werden zerstört. Haftschäden lassen sich aber auch nach einem Freispruch nicht mit etwas Geld wieder gut machen => beruhigen vor allem das Gewissen der Justiz um ihr Handeln zu rechtfertigen.
Der Anspruch auf Sicherheit der Öffentlichkeit wird im Zweifelsfall immer höher zu gewichten sein als der Anspruch eines „Unschuldigen“ auf persönliche Freiheit!
@anonymous: Solchen Blödsinn würde ich auch nur anonym verfassen.
Oh mein Gott, das muss ein Staatsangestellter sein der in der geschützen Werkstatt sein Leben verbrachte, und der DDR Stasi nachtrauert.
Was die Geschichte aber immer wieder zeigt, eines Tages wird der Pöbel euch lynchen.
Das nennt man unabhängige Rechstsprechung, wenn die vorgefasste Meinung dann zum Urteil wird.