Erweiterte Privilegierung des Güterumschlags

Das Bundesgericht heisst in einem zur BGE-Publikation vorgesehenen Fall eine Laienbeschwerde gut und stellt fest, dass der Beschwerdeführer zu Unrecht wegen Überschreitung der Parkzeit mit CHF 40.00 gebüsst wurde (BGE 6B_212/2010 vom 27.05.2010). Der Beschwerdeführer hatte für seinen Güterumschlag ein Parkfeld in der blauen Zone benützt, dabei aber die Parkzeitbeschränkung überschritten. Er argumentierte, er habe

Güterumschlag getätigt, was rechtlich nicht als Parkieren zu qualifizieren sei. Das Umzugsgut habe aus zahlreichen Kisten bestanden, die aus dem Estrich der Wohnung seiner Ehefrau heruntergetragen und in sein Auto hätten verladen werden müssen. Eine Zwischenlagerung im Eingangsbereich des Hauses oder auf dem Trottoir sei aus verschiedenen Gründen nicht möglich gewesen (Diebstahlsgefahr, Platzgründe, feuerpolizeiliche Gründe). Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die für einen Güterumschlag benötigte Zeit nicht auch innerhalb eines Parkfelds zur Verfügung stehen sollte. Er hätte somit sein Fahrzeug zeitlich unbeschränkt ausserhalb eines Parkfeldes abstellen dürfen, nicht jedoch innerhalb, da diesfalls kein Güterumschlag vorliege. Diese Auffassung sei paradox und verletze Bundesrecht. Eine Parkzeitbeschränkung bestehe innerhalb eines Parkfeldes ebensowenig wie ausserhalb eines solchen. Die Einholung einer Spezialbewilligung wäre zwar möglich, jedoch im konkreten Fall absolut unverhältnismässig gewesen. Einer Bewilligung bedürfe es nur, wenn keine Gemeinverträglichkeit des Güterumschlags mehr bestehe (E. 2.1).

Dem schliesst sich das Bundesgericht nun an und dehnt die Privilegierung des Güterumschlags gegenüber der in der Lehre vertretenen Auffassung aus:

 

Die Privilegierung des Güterumschlags gilt, wie in Ziff. 2.4.1 erwähnt, nicht nur dort, wo das Parken überhaupt nicht erlaubt ist, sondern auch da, wo die Parkzeit – wie etwa in einer blauen Zone – zeitlich beschränkt ist. Der Fahrzeugführer hat deshalb – sofern vorhanden – freie Parkfelder zu benützen und die dort geltenden Bestimmungen einzuhalten. Dauert der Güterumschlag länger als die gestattete Parkzeit, darf der Fahrzeugführer den Güterumschlag solange fortführen, als dieser unbedingt notwendig ist (Art. 21 Abs. 2 VRV). Die vorgängige Einholung einer polizeilichen Spezialbewilligung erweist sich lediglich als notwendig, wenn die Dauer des Güterumschlags die ordentliche Parkzeit deutlich übersteigen sollte (E. 2.4.5).
Die Vorinstanz wird nun abzuklären haben,
ob der Beschwerdeführer tatsächlich Umzugskisten vom Estrich in das vor dem Haus stehende Fahrzeug transportiert hat. Andererseits hat sie zu ermitteln, wieviel Zeit der Beschwerdeführer dazu unbedingt benötigte (E. 2.4.6).
Viel Spass!