Euro 08 – verfassungswidrige Unsicherheit und zu wenig Polizei

In einem Interview mit der NZZ üben zwei Rechtsprofessoren (Markus Mohler und Rainer Schweizer) Zweifel u.a. an den Rechtsgrundlagen für das “Sicherheitskonzept” für die Euro 08. Das entscheidende Votum Schweizers aus meiner Sicht sei hier zitiert:

NZZ: In der Schweiz wird – vielleicht auch in einer gewissen Euphorie über den Euro-08-Grossanlass – erstaunlich wenig über das Spannungsfeld Sicherheit – persönliche Freiheit diskutiert.

Schweizer: Das beste Beispiel dafür sind die Hooliganismus-Bestimmungen, die man am Staatsschutzgesetz angehängt hat. Staatsschutz verlangt präventivpolizeiliche Informationsbeschaffung, während die Gesetzesänderung präventive ordnungspolizeiliche Befugnisse vorsieht. Vor allem fehlt dem Bund die Verfassungsgrundlage für das Hooligan-Gesetz. Sicherheit ist eben auch Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit. Die Behörden, auch die Legislative, gehen mit diesem Rechtsgut zu sorglos um, und Medien und Bevölkerung stellen zu wenig kritische Fragen. Niemand will das Fest trüben, ich auch nicht. Aber der Widerspruch zwischen dem Ruf nach Sicherheit und der gleichzeitigen Gleichgültigkeit gegenüber stark wachsenden Beschränkungen der Bürgerfreiheiten ist eine schädliche Entwicklung. Natürlich müssen wir auf Erscheinungen wie Gewalt im Umfeld des Sports, Internet-Kriminalität und so weiter reagieren. Aber wir befinden uns nicht in einem Notstand. Wir können vorausschauend in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, allenfalls mit entsprechenden Ergänzungen der Bundesverfassung, vorgehen. Dann kommt es zu einem Diskurs zwischen Politik, Fachleuten und Bürgern. Auch das meint Rechtssicherheit. Und dies müsste eben auch für Grossanlässe wie die Euro 08 gelten.

Alles sicher richtig, aber wohl für die Euro 08 etwas spät. Was also wollen die beiden Professoren, die ja nicht gegen die Euro 08 sind, nur weil die Verfassung über die Klinge springen muss? Schweizer sagt es (und Mohler als ehemaliger Polizeikommandant denkt es vielleicht):

Vor allem aber sind die Lücken in den Polizeikorps der Kantone – 2000 bis 3000 Einsatzkräfte für den Normalbetrieb – dringend zu schliessen. Seit Jahren werden diese aus politischen und fiskalischen Gründen nicht behoben, woraus auch diverse Kompetenzkonflikte zwischen Bund und Kantonen entstehen.