Falsch aber nicht willkürlich

In einem gestern ins Netz gestellten Entscheid weist das Bundesgericht eine Beschwerde ab, obwohl es dem Beschwerdeführer in mehreren Punkten recht gibt (BGer 6B_377/2012 vom 11.10.2012). Die Feststellungen des Bundesgerichts werfen insbesondere ein schiefes Licht auf ein Gutachten. Ein privates Gegengutachten wurde wie schon fast üblich nicht beachtet:

Es ist aus dieser Sicht nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz auf das Gutachten vom 29. April 2008 abstellt und die abweichenden Ausführungen des Privatgutachters unberücksichtigt lässt. Die Vorinstanz übernimmt zwar die falsche Längenangabe der Einstichwunde von 3 cm. Sie begründet ihre Feststellungen zur Tiefe und Heftigkeit des Einstichs allerdings insbesondere damit, dass der Beschwerdeführer die (winterliche) Kleidung des Beschwerdegegners 2 durchstossen musste und eine Blutung im Raum hinter dem Bauchfell auf ein tiefes Eindringen in die Bauchhöhle schliessen lässt. Selbst wenn eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre (BGE 138 I 49 E. 7.1; 138 V 74 E. 7; 137 I 1 E. 2.4; je mit Hinweisen), ist die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nicht willkürlich (E. 2.3).

Auch bezüglich der geltend gemachten Rechtfertigung scheint der Entscheid der Vorinstanz zumindest nicht über alle Zweifel erhaben zu sein. Das Bundesgericht argumentiert in diesem Punkt merkwürdigerweise wie ein direkter Zeuge (sgl. meine Hervorhebungen):

Die Vorinstanz erwägt ausführlich, weshalb der Beschwerdeführer keiner Notwehrsituation unterlag und ein Sachverhaltsirrtum ausgeschlossen werden kann (Urteil, S. 12-15). Auf die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen kann verwiesen werden. Im Moment als der Beschwerdegegner 2 ausstieg und auf das Auto des Beschwerdeführers zustrebte, war die Situation nicht so bedrohlich, dass er einen Dolch hätte behändigen und ohne Vorwarnung oder visuelle Drohung hätte einsetzen dürfen. Die Vorinstanz hat Rechtfertigungsgründe zu Recht verneint. Dies gilt auch für den Fall, dass man der Auffassung des Beschwerdeführers folgt, wonach er dem Beschwerdegegner 2 körperlich unterlegen war und die Vorinstanz dies übergangen beziehungsweise zu wenig würdigte )E. 4.2).

Das Bundesgericht scheint keine Freude an der Beurteilung von Messerstecherei-Fällen zu haben, v.a. wenn der Verurteilte wie hier “bloss” zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt wurde, davon 24 Monate bedingt aufgeschoben.