Falsche Rechtsmittelbelehrung falsch zugestellt

Das Bundesgericht kassiert das Nichteintreten der Vorinstanz auf eine angeblich verspätete erfolgte Berufung (BGer 6B_295/2011 vom 26.08.2011). Folgende Umstände führten dazu geführt:

  • Inkrafttreten des neuen Rechts und desse Anwendbarkeit
  • Falsche Rechtsmittelbelehrung (Beschwerde innert 30 Tagen statt Berufung)
  • Falsche Zustellung des angefochtenen Entscheids (an den Betroffenen statt an den Vertreter)
  • Zum neuen Recht:
    Der Beschwerdeführer hatte entsprechend der Rechtsmittelbelehrung Beschwerde geführt. Er machte geltend, es könne

    von einem allgemein praktizierenden Anwalt einen Monat nach Inkrafttreten eines vollständig neuen Verfahrensrechts nicht erwartet werden, dass er sich damit bereits auskenne (…).

    Das sieht das Bundesgericht anders:

    Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung erkennen können und müssen (E. 1.4).

    Es heisst die Beschwerde aber dennoch gut (Art. 9 BV):

    Es ist nicht bekannt, an welchem Tag der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers vom erstinstanzlichen Entscheid Kenntnis nahm, da dieser ausführt, das genaue Datum nicht mehr eruieren zu können (…). Unter diesen Umständen kann zugunsten des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden, dass seine Eingabe vom 14. März 2011 innert der zehntägigen Frist ab Kenntnisnahme des erstinstanzlichen Entscheids durch den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers eingereicht worden ist (E. 1.4).

    Das heisst dann wohl: Die Zustellung gilt erst im Zeitpunkt als erfolgt, zu dem der Anwalt Kenntnis des anzufechtenden Entscheid erhalten hat. Was wäre, wenn der Anwalt erst ein Jahr nach der Zustellung Kenntnis nimmt?