Feindselige Einstellung zur Institution

Der Vollzug stationärer Massnahmen ist ein wahrhaft düsteres Kapitel der aktuellen Strafrechtspraxis. Wenn ein von der Norm abweichendes Verhalten offenbart wird und wenn dieses normwidrige Verhalten in den Zusammenhang mit einer Straftat gebracht werden kann, droht heute unabhängig von der Schwere des Delikts eine stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB. Ist sie einmal richterlich angeordnet, werden Berichte von ständig wechselnden Therapeuten und Sozialarbeitern verfasst, die in der Regel die Effizienz des Massnahmenvollzugs und die Fortschritte der Insassen betonen. Neigt die Massnahme hingegen der angeordneten Maximaldauer zu, werden die Berichte regelmässig kritischer. Nicht selten entsteht der Eindruck, dass die Berichte nicht die Wirklichkeit abbilden, sondern die Verlängerung oder die Änderung der Massnahme bezwecken, jedenfalls aber die Entlassung verhindern sollen.

Sätze wie den folgenden (aus BGer 6B_362/2014 vom 20.11.2014) liest man immer wieder:

Seit spätestens Herbst 2013 habe man keine positiven Fortschritte mehr erzielt. Die Einstellungen des Beschwerdeführers zum Massnahmenvollzug, zur Institution und zum behandelnden Therapeuten seien zuletzt unveränderbar negativ bis feindselig gewesen (E. 4.3).

Solche Sätze (über psychisch schwer gestörte Täter) laufen darauf hinaus, dass die Massnahme abgebrochen und in einer anderen Institution weitergeführt werden soll. Bei Abbruch droht die Umwandlung in eine Verwahrung, wenn eine entsprechende Anlasstat vorliegt. Die Weiterführung der Massnahme in einer anderen Institution ist oft schwierig, weil die Vollzugsbehörden in solchen Fällen besondere Schwierigkeiten haben, eine geeignete Institution zu finden. Aus diesem Grund werden die Patienten mangels Alternativen übergangsmässig in ein Untersuchungsgefängnis oder in eine andere Vollzugsanstalt gesteckt. Im oben zitierten Fall wird die Massnahme “im Schache” vollzogen, der Beschwerdeführer wurde aber bereits unter dem Titel Sicherheitshaft auf den Thorberg versetzt.

Das Bundesgericht hat die von den kantonalen Instanz angeordnete Verlängerung der Massnahme kassiert und verlangt die Erstellung eines unabhängigen Gutachtens, weil die Therapieberichte unter den gegebenen Umständen nicht reichten, um den Beschwerdeführer für weitere fünf Jahre wegzusperren:

Auch unter diesem Aspekt – dem festgestellten Zerwürfnis des Beschwerdeführers mit dem behandelnden Therapeuten und der Institution bei eher jähem Therapieabbruch und Sistierung der Behandlung – hätte die Vorinstanz Anlass gehabt, Abklärungen bei einem unabhängigen psychiatrischen Sachverständigen einzuholen, bevor sie die stationäre Massnahme um weitere fünf Jahre verlängerte. Dies insbesondere deshalb, weil der behandelnde Therapeut den fraglichen Therapieabschlussbericht mit verfasste (vgl. Urteil des EGMR in Sachen Ruiz Rivera gegen Schweiz vom 18. Februar 2014, Verfahren 8300/06, Ziff. 62 – 66; siehe auch Urteil des EGMR in Sachen C.W. gegen Schweiz vom 23. September 2014, Verfahren 67725/10, Ziff. 45 – 49). Die von der Vorinstanz herangezogenen Berichte bilden folglich keine hinreichende Entscheidgrundlage, um gestützt darauf eine Verlängerung der Massnahme um fünf Jahre auszusprechen (E. 5).