Flexible Bundesrichter
In einem Beitrag auf NZZonline werden Argumente pro und contra Motion Schimd ausgebreitet, welche die öffentlichen Verhandungen am Bundesgericht live-streamen will. Ein m.E. gewichtiges Argument ist, dass die Richter selbst diese Transparenz grossmehrheitlich ablehnen. Kein Argument darf aber dasjenige sein, das im Beitrag hervorgehoben wird:
Das Vorhaben könnte paradoxerweise gerade das Gegenteil bewirken. Denn angesichts der blanken Ablehnung des Web-TV ist nicht auszuschliessen, dass sich die Bundesrichter – sollten ihnen die Kameras aufgezwungen werden – noch seltener als heute aus ihren Büros an die Öffentlichkeit wagen würden; die gesetzliche Bestimmung, wonach ein Sachverhalt immer dann mündlich zu beraten ist, wenn sich keine Einstimmigkeit ergibt, wird am höchsten Gericht nämlich bereits heute recht «flexibel» gehandhabt.
Hoffentlich sind es nicht die Richter, die damit drohen, das Gesetz zu brechen.
Anonyme Richter, die irgendwo abgeschieden von der Öffentlichkeit, irgendwelche nicht nachvollziehbare Entscheide treffen und meist genauso nicht nachvollziehbare Urteile versenden, sind für mich keine unabhängigen und unbefangenen Richter.
Und wenn diese, gesetzliche Bestimmungen wie Sachverhalte mündlich zu beraten, wenn sich keine Einstimmigkeit ergibt, so «flexibel» gehandhabt werden. Dann heisst das für mich, sie sind nicht nur nicht unabhängig und unbefangen, sondern halten sich nicht mal an gesetzliche Bestimmungen.
Alles zusammen ergibt für mich dann ein Bild, dass zwar sehr dazu passt was ich im Zusammenhang mit Gerichten erlebt habe, aber irgendwie nichts mehr mit Gericht und so zu tun hat.
Ich habe sogar das Gefühl, das da nicht mal die Schreiben richtig durchgelesen werden, wenn dann auch sonst noch alles so «flexibel» gehandhabt wird, dann sind die Urteile für mich auch nichts mehr wert.
Nach dem was ich bisher erlebt habe, sind Gerichte für mich Blackboxen in die viel Papier rein geht und wenig Papier wieder rausgeht. Auch qualitativ fühlte es sich für mich eher als eine maschinelle automatisierte Kompression mit begrenzter Auswahl an Textpassagen, die dann als Urteil rausgeht, als wenn da tatsächlich Menschen lesen, abwägen und entscheiden.
Vor allem wenn man jahrelang und mehrfach wegen der selben Sache ans Bundesgericht Dinge sendet, erinnern einem die Urteilschreiben mehr an so Auswertungen von Astrologiedeutungprogramme mit sehr begrenzten Textbausteinen.
Noch schlimmer, sind da nur noch einige Gutachter. Und wenn dann ein solches Gutachten auch noch die Basis von Gerichtsurteilen ist, dann sinkt das Niveau der Urteile sehr rasch in Richtung «Mike Shiva TV».
Der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden ist das dann alles andere zu zuträglich.