Flexibles und durchlässiges (Massnahmen-)Recht

Art 65 Abs. 2 StGB dient der Korrektur von rechtskräftigen, aber fehlerhaften Urteilen. Das verstösst gegen das Verbot der Doppelbestrafung und gegen ne bis in idem. Um dieses Problem zu umgehen, bietet sich Art. 62c Abs. 4 StGB an, bei dem es um die Umwandlung einer bereits bestehenden Massnahme geht. Diese Lösung hat das Bundesgericht in einem aktuellen Fall aus dem Kanton Bern als bundesrechtskonform qualifiziert (BGer 6B_381/2021 vom 17.06.2021, Fünferbesetzung). Zur Durchlässigkeit im Massnahmenrecht führt es aus:

Die Vorinstanz gelangt zu Recht zum Schluss, dass Art. 65 Abs. 2 StGB vorliegend nicht anwendbar ist, da es nicht um eine nachträgliche Verwahrung aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel, sondern um eine Umwandlung einer bereits bestehenden Massnahme gemäss Art. 62c Abs. 4 StGB geht. Sie erwägt mit Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zutreffend, dass es bei der nachträglichen Anordnung der Verwahrung gestützt auf Art. 65 Abs. 2 StGB um eine Korrektur eines fehlerhaften Urteils geht, während bei der Substitution einer stationären therapeutischen Massnahme durch eine Verwahrung im Sinne von Art. 62c Abs. 4 i.V.m. Art. 64 Abs. 1 StGB eine Anpassung an eine spätere Entwicklung hinsichtlich des Geisteszustandes des Täters oder neuer Behandlungserkenntnisse vorgenommen wird. Die Möglichkeit, Massnahmen auszutauschen, ist Ausdruck des Bedürfnisses nach Flexibilität und Durchlässigkeit im Massnahmenrecht (Urteil S. 4 f.; BGE 145 IV 167 E. 1.7 mit Hinweisen). […]

Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, ergibt sich bereits aus dem Gesetz, dass ein Verurteilter, gegen den wegen eines Delikts gemäss Art. 64 Abs. 1 StGB eine stationäre therapeutische Massnahme angeordnet wird, stets das Risiko der nachträglichen Umwandlung in eine Verwahrung nach Art. 62c Abs. 4 StGB trägt (Urteil S. 4). Der Kausalzusammenhang zwischen der im Sachurteil angeordneten stationären therapeutischen Massnahme und der im Nachverfahren anzuordnenden Verwahrung setzt nicht voraus, dass der Betroffene auf die Möglichkeit der Umwandlung der Massnahme in eine Verwahrung gestützt auf Art. 62c Abs. 4 StGB hingewiesen bzw. diese Folge angedroht wurde. Nach dem Gesagten ist vorliegend ein hinreichender Kausalzusammenhang gegeben und es liegt kein Anwendungsfall von Art. 65 StGB vor. Art. 5 und 7 EMRK sowie Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK sind nicht verletzt (vgl. BGE 145 IV 167 E. 1.8).  [E. 2.3].  

Erstaunlich, wie einfach das alles geht in diesem Land. Der Beschwerdeführer hatte auch noch andere Rügen vorgetragen, denen man m.E. gute Chancen einräumen durfte.