Fluchtgefahr als Grund gegen bedingte Entlassung nach Art. 86 StGB?
Nach Art. 86 StGB ist der Gefangene bedingt zu entlassen, wenn er zwei Drittel seiner Freiheitsstrafe verbüsst hat und “wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen.” Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist dabei eine Gesamtwürdigung vorzunehmen.
Die Vollzugsbehörden tun sich mit der Gewährung der bedingten Entlassung immer schwerer, so auch im Fall eines Gefangenen, der sich ohne Anwalt mit Erfolg ans Bundesgericht gewendet hat. Ihm wurde vom zuständigen Gericht die unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit seines Gesuchs verweigert. Dieser Entscheid erweist sich nun als willkürlich (BGer 6B_396/2010 vom 10.06.2010):
Die Vorinstanz nimmt – im Gegensatz zur ersten Instanz – keine Gesamtwürdigung zur Prognose des künftigen Wohlverhaltens des Beschwerdeführers vor. Sie verzichtet gar auf eine eigentliche Beurteilung der Bewährungsaussicht und erwähnt lediglich die Fluchtgefahr, weil er mit einer Asiatin verheiratet sei und nach der Entlassung auswandern möchte. Ferner sei ein (freilich nicht aus den Akten ersichtliches) Verfahren hängig, bei dem er mit einer weiteren Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe rechnen müsse. Aus diesen Erwägungen leitet die Vorinstanz die Aussichtslosigkeit der Beschwerde gegen die Verweigerung der bedingten Entlassung ab.Die Vorinstanz verfällt in Willkür, indem sie in Verletzung von Art. 86 StGB die Verweigerung der bedingten Entlassung einzig auf das Kriterium der Fluchtgefahr stützt und hierdurch ihren Ermessensspielraum bezüglich Bewährungsaussicht des Beschwerdeführers überschreitet (E. 3.4).
Wovor sollte der Beschwerdeführer eigentlich flüchten wollen? Vor der neuen Freiheitsstrafe, mit der angeblich rechnen muss? Dieser Fluchtgefahr wäre wenn nötig mit strafprozessualer Haft zu begegnen, die aber offensichtlich nicht verfügt wurde.
Mir scheint es so als machen die Behörden immer zu viel oder zu wenig aber niemals das richtige…