Fluchtgefahr bejaht
Das Bundesgericht weist die Beschwerde eines Häftlings ab, der sich seit dreieinhalb Jahren wegen Fluchtgefahr in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft befindet (BGer 1B_419/2011 vom 13.09.2011). Im Hauptverfahren ist er zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Seine Beschwerde dagegen ist beim Bundesgericht hängig.
Das Bundesgericht bringt seine Rechtsprechung zur Anwendung, wonach der Anspruch auf Entlassung nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe (Art. 86 Abs. 1 StGB) in der Regel nicht zu berücksichtigen ist:
Nach der Rechtsprechung ist bei der Prüfung der zulässigen strafprozessualen Haftdauer der Möglichkeit einer bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug gemäss Art. 86 Abs. 1 StGB nur in Ausnahmefällen Rechnung zu tragen, nämlich wenn bereits im hängigen Strafverfahren aufgrund der konkreten Umstände absehbar ist, dass eine bedingte Entlassung mit grosser Wahrscheinlichkeit erfolgen dürfte (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_250/2009 vom 24. September 2009 E. 3.4 mit Hinweisen).
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr hat die Vorinstanz zutreffend erwogen, dass angesichts der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers nicht gesagt werden kann, eine bedingte Entlassung erscheine als in hohem Masse wahrscheinlich. Daran ändert der positive Führungsbericht der Gefängnisleitung nichts. Zum jetzigen Zeitpunkt droht somit keine Überhaft (E. 5.2).
Die Anhaltspunkte für Fluchtgefahr leitet das Bundesgericht daraus ab, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers in Österreich lebt und er angegeben hat, sich nach seiner Entlassung zu ihr zu begeben:
Sollte die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts in der Hauptsache das zweitinstanzliche Urteil vom 12. April 2011 bestätigen, d.h. den Beschwerdeführer wegen Brandstiftung und weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilen, so hat der Beschwerdeführer, falls er nicht bedingt entlassen wird (…), noch über ein Jahr im Strafvollzug zu verbringen. Dies stellt einen gewichtigen Anreiz zur Flucht dar. Die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sprechen ebenfalls für das Vorliegen von Fluchtgefahr. Er räumt ein, dass er sich im Fall seiner Haftentlassung nach Österreich begeben würde. Dies aber würde es den schweizerischen Strafverfolgungs- und Gerichtsbehörden erschweren, den jeweiligen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers zu ermitteln, und für den Beschwerdeführer wäre es ein Leichtes, unterzutauchen. Die Schweizer Behörden könnten mangels Polizeihoheit zudem nur mit Mühe durchsetzen, dass ihnen der Beschwerdeführer innert nützlicher Frist namentlich für eine allfällige Gerichtsverhandlung zur Verfügung stünde (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_300/2011 vom 4. Juli 2011 E. 3.4). Ersatzmassnahmen im Sinne von Art. 237 StPO kommen nicht in Betracht (E. 4.3).
Nicht berücksichtigt hat das Bundesgericht, dass die Fluchtgefahr mit der Dauer der Haft abnimmt und die Verhältnismässigkeit immer kritischer zu beurteilen ist.
An dieser Stelle erlaube ich mir noch einen Hinweis auf einen Fall, in dem das Bundesgericht das alleinige Abstellen auf die zu erwartende Strafe von nicht unter fünf Jahren als “krass” der Paxis widersprechend und verfassungswidrig beurteilt hatte (BGE 117 Ia 69 E. 4a). Der Entscheid zeigt, wie nahe die Zulässigkeit der Haft bei der krass praxiswidrigen und verfassungswidrigen Haft liegt. Praxis und Verfassung verlangen offenbar nur, dass man nebst der zu erwartenden Strafe noch einen möglichen Grund nennt, der eine Flucht als möglich erscheinen lässt. Mir ist nun aber schlicht keine Konstellation vorstellbar, in der kein solcher Grund gefunden werden könnte.