Fortgesetzte Verweigerungshaltung

Wer in diesem Land nicht umgehend den Anordnungen staatlicher Behörden folgt, darf auch dann nicht mit behördlicher Milde rechnen, wenn seine Verweigerungshaltung dem Zweck der Anordnung gar nicht zuwiderläuft. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen jede Widersetzlichkeit ausdrücklich unter Strafe gestellt wird. Als Beispiel kann Art. 91a SVG herangezogen werden.

In einem heute publizierten Bundesgerichtsentscheid ging es darum, dass ein Automobilist nach Anordnung einer Blut- und Urinprobe Forderungen stellte und den Vollzug der Zwangsmassnahme drei Stunden lang verweigerte (BGer 6B_90/2023 vom 22.01.2024):

Unbestritten ist weiter, dass der Beschwerdeführer in der Folge die Durchführung der von der Staatsanwaltschaft angeordneten Blut- und Urinprobe von (weiteren) rechtlichen Auskünften abhängig machte, sich mithin der korrekt angeordneten Zwangsmassnahme nicht unterzog, sondern sich hierzu erst rund drei Stunden später bereit erklärte. Dass er anerbot, die Polizeibeamten auf den Posten zu begleiten, er auf dem FinZ-Set vermerken liess, sich der Blut- und Urinprobe nicht zu verweigern, sondern dies mit seinem Anwalt besprechen wolle (Untersuchungsakten […) und schliesslich mit Telefonaten bzw. einer E-Mail um 15.22 Uhr mitteilte, nun bereit zu sein, sich einem Schnelltest oder aber einer Blutabgabe zu unterziehen (…), ändert nichts an seiner zwar als “vorläufig” kommunizierten, im Ergebnis aber tatsächlichen Weigerung, der staatsanwaltschaftlich angeordneten Zwangsmassnahme umgehend, respektive innert angemessener Frist Folge zu leisten (E. 4.4). 

Dass es sich bei Art. 91a SVG um ein Erfolgsdelikt handelt, half dem Beschwerdeführer auch nicht. Das Bundesgericht wirft ihm vor, seine Beschwerde nicht rechtsgenüglich begründet zu haben. Damit konnte es die Frage umgehen, was unter angemessener Frist zu verstehen sei:

Inwiefern die Vorinstanz alsdann Bundesrecht verletzt, wenn sie dieses Verhalten als endgültige Verunmöglichung qualifiziert, wird vom Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich dargetan (Art. 42 Abs. 2 BGG). Hierfür genügt weder ein blosser Verweis auf die Regeste von BGE 144 IV 88 noch der pauschale Hinweis darauf, dass die Vorinstanz entgegen diesem Entscheid auf das Widersetzen und Weigern zum Zeitpunkt der Kontrolle und nicht auf ein endgültiges Verunmöglichen abstelle und damit Art. 91a SVG entgegen BGE 144 IV 88 nicht wie ein Erfolgsdelikt anwende. Damit setzt der Beschwerdeführer nicht ansatzweise an den Ausführungen der Vorinstanz an. Diese begründet den Schuldspruch – analog zur Konstellation in BGE 144 IV 88 – primär damit, dass eine staatsanwaltschaftliche Zwangsmassnahme korrekt angeordnet worden ist; ergänzend erwägt sie, dass sich der Beschwerdeführer nicht unter Berufung auf vorgängige Rechtsabklärungen weigern könne, sich dieser zu unterziehen (…), respektive es nicht an ihm liege, den Zeitpunkt einer Zwangsmassnahme zu bestimmen (…). Inwiefern die Vorinstanz damit gegen das Recht verstösst oder aber sich in Widerspruch zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung setzt, wird vom Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich dargetan. Insofern er mit seinem Hinweis auf Art. 91a SVG als Erfolgsdelikt (zumindest implizit) geltend machen will, mit seiner rund drei Stunden später erklärten Bereitschaft zur Vornahme der Blutprobe liege lediglich eine (vollendet) versuchte Tatbegehung vor, ignoriert er zudem, dass mit der Anordnung einer staatsanwaltschaftlichen Zwangsmassnahme andere (Sach-) Umstände vorliegen als in Konstellationen, in denen eine solche nicht erfolgt ist und die Fahrunfähigkeit alsdann trotz Weigerung respektive nicht pflichtgemässem Verhalten später noch schlüssig festgestellt werden kann (vgl. BGE 144 IV 88 E. 1.6.1 mit Hinweis auf BGE 115 IV 51 E. 5, 109 IV 137 E. 2a und auf Urteile 6B_158/2019 vom 12. März 2019 E. 1.1.1 und 6B_216/2010 vom 11. Mai 2010 E. 3.1.2; vgl. auch Urteile 6B_1318/2022 vom 22. Mai 2023 E. 2.1.1; 6B_1105/2022 vom 27. April 2023 E. 1.1.1; 6B_118/2022 vom 31. Oktober 2022 E. 2.1; 6B_53/2019 vom 22. Januar 2020 E. 6.4). Festzuhalten bleibt schliesslich, dass der Beschwerdeführer auch nicht rechtsgenüglich aufzeigt, inwiefern die Vorinstanz in Willkür verfällt, wenn sie angesichts der im nachträglich beigebrachten Urintest vermerkten zeitlichen Nachweisbarkeiten einzelner Substanzen (vgl. UA act. 33) zum Schluss kommt, dieser sei aufgrund der Zeitspanne von über 48 Stunden nicht mehr geeignet, den toxikologischen Zustand vom 24. März 2021 um 11:10 Uhr zuverlässig zu beschreiben (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auch darauf ist folglich nicht weiter einzugehen. Die Beschwerde erweist sich insoweit als unbegründet (E. 4.5, Hervorhebungen durch mich).