Freispruch, Teilfreispruch, Obsiegen in anderen Punkten

Einem Teilerfolg der Verteidigung muss im Kosten- und Entschädigungspunkt nicht notwendigerweise Rechnung getragen werden. In einem neuen Urteil (BGer 6B_803/2014 vom 15.01.2014) erklärt das Bundesgericht, dass für die Fragen Freispruch/Teilfreispruch und damit auch der Kostenfolgen allein der Anklagesachverhalt entscheidend sei.

Eine falsche rechtliche Würdigung im Strafbefehl sei unerheblich:

Der Beschwerdeführer verkennt […] zum anderen, dass für die Kostenauflage gemäss Art. 426 Abs. 1 StPO nicht die rechtliche Würdigung und die Anzahl der angeklagten Tatbestände, sondern der bzw. die zur Anklage gebrachten Lebenssachverhalte massgebend sind. Sowohl die Einvernahme des rapportierenden Polizeibeamten als auch das Gutachten waren für die auf dem gleichen Lebenssachverhalt beruhenden Schuldsprüche wegen Geschwindigkeitsüberschreitung und Abstandsunterschreitung erforderlich. Dass er den Strafbefehl bei “richtiger” rechtlicher Würdigung akzeptiert hätte, behauptet der Beschwerdeführer erstmals vor Bundesgericht und ist zudem unerheblich, da er den ihm zur Last gelegten und später gerichtlich festgestellten Sachverhalt noch im Berufungsverfahren bestritten hat (vgl. Urteil 6B_367/2012 vom 21. Dezember 2012 E. 3.2 und 3.3). Mangels Teilfreispruchs ist der Beschwerdeführer durch die nicht vollumfängliche Kostenauflage im erstinstanzlichen Verfahren von lediglich einem Drittel nicht beschwert. In Bezug auf die Kosten des Berufungsverfahrens vermischt er die unterschiedlichen Kostenregelungen für das erstinstanzliche und das Rechtsmittelverfahren und vermag (bereits deshalb) keine bundesrechtswidrige Ermessensausübung der Vorinstanz bei der Kostenverlegung aufzuzeigen (E. 3.5).

Diese Sicht des Bundesgerichts greift m.E. deutlich zu kurz. An der falschen rechtlichen Würdigung hängt ja unter anderem noch eine Sanktion, im Strassenverkehrsrecht zudem noch eine Administrativmassnahme. Als Teilerfolg mit Kosten- und Entschädigungsfolge müsste daher beispielsweise auch ein herabgesetztes Strafmass gelten. Die Justiz scheint sich aber primär daran zu interessieren, die Zahl der Rechtsmittel über die drohenden Kosten zu beschränken, obwohl Art. 436 Abs. 2 StPO, den das Bundesgericht sogar zitiert, ausdrücklich ein Obsiegen auch in anderen Punkten anerkennt.

Im Ergebnis ist der Entscheid des Bundesgerichts im konkreten Fall aber wohl nicht zu kritisieren, zumal sich die erste Instanz eher grosszügig gezeigt hatte.