Frist verpasst

Ein Beschwerdeführer bzw. sein amtlicher Verteidiger hat eine Rechtsmittelfrist verpasst. Vor Bundesgericht machte er nun gegen das Nichteintreten der Vorinstanz u.a. geltend, sie habe ihre richterliche Fürsorgepflicht verletzt (BGer 6B_711/2014 vom 30.10.2014):

Er ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass die Vorinstanz wegen seines Versagens hätte einschreiten und die versäumte Frist wiederherstellen müssen (…). Indessen hat er es unterlassen, bei der Vorinstanz ein solches Gesuch zu stellen. Das Bundesgericht kann sich damit folglich im vorliegenden Verfahren nicht befassen (E. 2).

Das Argument des Bundesgerichts verstehe ich nicht. Der Beschwerdeführer hat durch die Unterlassung des Wiederherstellungsgesuchs ja nur noch unterstrichen, dass er seine Pflichten verletzt hat. Er hat also nicht nur die Berufungsfrist verpasst, sondern es auch noch versäumt, ihre Wiederherstellung zu beantragen. Damit hätte sich das Bundesgericht m.E. eben doch befassen müssen.

Merkwürdig bleibt natürlich, dass der säumige Vertreter sich selbst Pflichtverletzungen vorwirft (eine bewusst, eine unbewusst) und damit indirekt auch noch gleich belegt, dass er die Beschwerde für seinen Klienten mangels Unabhängigkeit nicht hätte führen dürfen. All das beantwortet die Frage nicht, wieso der Vertretene für allfällige Versäumnisse seines Vertreters (recte: Beistands) einstehen muss. Im vorliegenden Fall geht es immerhin um eine Freiheitsstrafe von 45 Monaten.