“Front running”-Verdacht als Ehrverletzung

Wer gegenüber einer Journalistin eine Aktiengesellschaft des “front runnings”  bezichtigt, muss in der Schweiz befürchten, wegen übler Nachrede verurteilt zu werden.

Das Bundesgericht hat ein Urteil aus dem Kanton Zug bestätigt, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag (BGer 6B_782/2014 vom 22.12.2014):

X. [gemäss Bundesgericht “Sachverständiger im Bereich der Bekämpfung der Geldwäscherei und der organisierten Kriminalität”] habe im Januar 2010 in seinem Büro der Journalistin W. während eines Gesprächs gesagt, “aber auch bei der Y. S.A. scheine nicht alles korrekt gelaufen zu sein. Es bestehe der Verdacht auf ‘front running'”. “Front running” habe er entsprechend den Standesregeln des Verbandes Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV) definiert. Nach dem Obergericht des Kantons Zug wirft er der Privatklägerin vor, am 28. Dezember 2007 für 1.3 Mio. Euro Stammanteile der Z. GmbH erworben zu haben. Am 10. März 2008 habe sie in Erfüllung ihrer Vermögensverwaltungsaufträge für ihre Kunden 3.9 Mio. Euro in diese GmbH investiert. Das Eigengeschäft vom 28. Dezember 2007 sei in Ausnützung von Insiderwissen um die künftige Investition ihrer Kunden in die gleiche GmbH erfolgt.

Keine Rolle spielte offenbar, dass X. lediglich einen Verdacht geäussert hat. Denkwürdig ist zudem, dass diese Verdachtsäusserung gegenüber einer Aktiengesellschaft auch den “menschlich-sittlichen Bereich des Ehrbegriffs” erfasst habe.

Mit dem Wahrheitsbeweis hatte X. auch keine Chance:

Nach konstanter Rechtsprechung ist der Wahrheitsbeweis bei der Äusserung, jemand habe eine strafbare Handlung begangen, grundsätzlich nur durch eine entsprechende strafrechtliche Verurteilung zu erbringen (E. 2.5.2).

Nun gut, die Meinungsäusserungsfreiheit hatte in der Schweiz immer nur Bedeutung, wenn sie im Ausland beschränkt wurde.