Führerausweisentzug auch bei Missachtung ungültiger Signale
In einem verwaltungsrechtlichen Verfahren ist einem Automobilisten der Führerausweise für drei Monate entzogen worden, weil er durch die Missachtung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit (80 km/h auf Autobahnbaustelle) eine schwere Widerhandlung gegen das SVG (120 km/h) begangen habe (Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG). Das Bundesgericht bestätigt den Entzug, obwohl die Signalisation vorschriftswidrig nicht publiziert worden war und obwohl der Strafrichter bloss auf Busse wegen einfacher SVG-Widerhandlung geschlossen hatte (BGE 1C_539/2022 vom 23.05.2024, Publikation in der AS vorgesehen, Medienmitteilung).
Im Wesentlichen hält das Bundesgericht fest, dass auch illegal aufgestellte Geschwindigkeitssignale zu beachten sind und zwar auch dann, wenn die Missachtung keine Dritten gefährdet (was Art. 16 Abs. 1 lit. a SVG aber ausdrücklich verlangt). Es gelten die abstrakten Regeln des Bundesgerichts, nach denen bei einer Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von über 35 km/h immer ein objektiv schwerer Fall vorliege.
Dass der Strafrichter lediglich gebüsst hatte, spielte offenbar keine Rolle, weil die Administrativbehörde ihre rechtliche Würdigung auf den im Strafverfahren festgestellten Sachverhalt stützte. Dass ein Richter bloss auf einfache SVG-Widerhandlung erkannte, hindert die Verwaltung somit nicht daran, eine schwere Widerhandlung anzunehmen. Das Bundesgericht schlägt sich einmal mehr auf die Seite der Verwaltung.
Würde man das aus republikanischer Sicht als Zwei- Klassen Justiz System (klassisches römisches Recht) bezeichnen?
Und aus demokratischer Sicht als “Swiss cheese” bezeichnen – mit dem Verweis zum bekannten Käse mit den vielen Löchern, dem Emmentaler Käse (römisches Recht: wo die Aufgabe des Symbols der Helvetia symbolisch wäre das System zu verteidigen) ?
Einmal mehr : ein Dank an alle Anwälte in der Schweiz die ausharren und mehr Prozesse an staatlichen Gerichten verlieren als vergleichsweise ihre Kollegen in der USA.
Mich überzeugt die Argumentation im Entscheid nicht. Geht es euch auch so?
@Gerichtsschreiber: Die Beschwerde musste abgewiesen werden, weil sonst die schematische Rechtsprechung des Bundesgerichts bei Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht mehr haltbar gewesen wäre.
Säuhäfeli Prinzip weiter von Rechtsprechung könnte nichts entfernt liegen, wor beurteilen nühmlich nun urplötzlich nicht mehr den Einzelfall nein wir schützen unsere Rechtssprechungsdreck. Eine einzige Schande wer Recht noch ernst nimmt hat wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Damals bei meiner Motorradprüfung hatten einige Umweltschützer auf einer Strecke eine täuschend echte Geschwindigkeitstafel aufgestellt. Aus einer 80er Zone wurde plötzlich eine 30er Zone. Alle Ansässigen fuhren natürlich trotzdem 80 km/h. Nach der eben publizierten Rechtssprechung des BGer müsste nun wohl auch ein solches Signal beachtet werden. Zum Glück hatte ich meine Prüfung vor diesem Urteil.
Das ist schlicht Rechtsbeugung. Richterrecht kann sich nicht über den Wortlaut einer Norm hinwegsetzen.
Die Begründung, warum auch rechtswidrige Verkehrszeichen beachtet werden müssen, ist hanebüchen, entspricht doch die Geschwindigkeitsdifferenz im vorliegenden Fall (120 km/h bei Tempo 80) genau jener, die auf der Autobahn ohnehin herrscht. Wer eine so geringe Differenz falsch einschätzt, ist zur Teilnahme am Strassenverkehr nicht geeignet. Auch Ausserorts kann die Differenz nicht grösser sein, da eine Signalisation von 80 auf 30 ohne Zwischenschritt nicht zulässig ist. Und schliesslich bewältigen Autofahrer in Deutschland jeden Tag die korrekte Einschätzung von Geschwindigkeitsdifferenzen von bis zu 200 km/h.
Die «Rechtsprechung», dass die Signalisation einer Höchstgeschwindigkeit unabhängig davon zu beachten ist, ob sie korrekt erlassen wurde, kann so pauschal auch nicht richtig sein und fördert die ohnehin grassierende Tendenz von Behörden, sich ganz offen rechtswidrig zu verhalten. Wozu soll man sich denn die Mühe machen, eine Signalisation korrekt zu erlassen, wenn sie so oder so gilt?
Amüsant ist es immer, wenn das Bundesgericht von «hohen Geschwindigkeiten» spricht. Das erinnert mich an die Frau eines Bundesrichters, die sich bitterlich über die ganzen «Raser» beklagt, von denen sie und ihr Mann auf der Autobahn jeden Tag rechts überholt werden.
Das CH Bundesgericht – anders als die Deutschen Kollegen – sind ein gutes Bespiel das RICHTWERWAHL kein Heilmittel gegen Verwaltungslastigkeit seien muss. Vielleicht hat das einfach mit den CVs ihrer Richter zu tun? Fast alle haben ja nur Staatserfahrung, kaum ein Richter war einmal ein aktiver Anwalt….