Garantenstellung im Unternehmen

Wie die NZZ heute berichtet, ist ein ehemaliger Laborleiter des Inselspitals Bern zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 15 Tagen wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. Dem Laboranten wurde vorgeworfen, für den Tod eines neugeborenen Mädchens mitverantwortlich zu sein, dem aufgrund einer Verwechslung Kalziumchlorid verabreicht worden war. Grund für die Verwechslung war eine falsche Etikettierung der Infusionsflaschen in der Inselapotheke.

Auf die staatsrechtliche Beschwerde konnte das Bundesgericht (Urteil 6P.71/2006 vom 14.07.2006) nicht eintreten. Dasselbe gilt für einen Teil der Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer u.a. die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (in dubio pro reo) rügte. Eintreten konnte das Bundesgericht nur auf die Rüge, der Beschwerdeführer sei der falsche Adressat des Vorwurfs. Dazu fasste das Bundesgericht zunächst seine Rechtsprechung zur Garantenstellung im Unternehmen zusammen:

Mitarbeitenden kommt eine Garantenstellung nur im Rahmen ihres Aufgabenbereichs und nur insoweit zu, als ihnen auch die entsprechenden Entscheidkompetenzen delegiert sind. Entscheidend ist die tatsächliche Herrschaftüber und Verantwortung für die Gefahrenquelle (E. 3.1).

Auf den Fall angewendet stellte das Bundesgericht fest:

Nach verbindlicher vorinstanzlicher Feststellung war der Beschwerdeführer als Laborleiter im Allgemeinen zuständig für die Organisation, Kontrolle und Überwachung des Tagesgeschäfts. Im Rahmen der Überprüfung der Dampfsterilisatoren war er konkret zuständig für die Produktion der “ohnehin herzustellenden sowie der für die Validierung benötigten Stoffe” (Urteil S. 16). Die Vorinstanz wirft ihm vor, als Laborleiter keine Sicherheitsvorkehren getroffen zu haben, um die Verwechslungsgefahr zu bannen, nachdem der Entscheid zur gleichzeitigen Validierung und Produktion des Kalziumchlorids an der Sitzung vom 24. Januar 2000 in seinem Beisein erörtert worden war. Die konkreten Vorsichtspflichten leitet sie aus dem Leitfaden zur “Good Manufacturing Practices” der “Pharmaceutical Inspection onvention” ab, wonach bei der Herstellung von Heilmitteln die Grundsätze der sofortigen Etikettierung, der getrennten Aufbewahrung und der Verwerfung bei Verwechslungsgefahr zu beachten seien (Urteil S. 35 f.). Zusammenfassend durfte die Vorinstanz von einer Garantenstellung des Beschwerdeführers ausgehen. Die Verantwortung für die parallel zur Validierung laufende Produktion war ihm übertragen worden, weshalb die Vorinstanz zu Recht ihn und nicht die Geschäftsleitung zur Verantwortung zog. Sein Einwand geht deshalb fehl (E. 3.2).