Geheimakten / Aktenführungspflicht
Ein Beschwerdeführer machte vor Bundesgericht erfolglos eine Verletzung der Aktenführungspflicht geltend (BGer 6B_627/2011 vom 30.01.2012). Die Rüge leitete der aus einem polizeilichen Aktenvermerk im Zusammenhang mit der Auswertung einer Mobiltelefonauswertung (Auslesen von Daten), den das Bundesgericht wie folgt zitiert: „Nur fallrelevante Daten an die Untersuchungsbehörden weitergeben!“. Das Bundesgericht sieht darin kein Problem:
Entgegen der Beschwerde liegt keine Verletzung der Aktenführungspflicht vor. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die kantonalen Behörden über Geheimakten oder andere, dem Beschwerdeführer nicht zugängliche Beweismittel verfügt hätten. Aus dem Grundsatz der Aktenführungspflicht folgt, dass nur prozessrelevante Daten aktenkundig zu machen sind. Das Kassationsgericht erwägt zutreffend, es verstosse nicht gegen die Aktenführungs- oder Dokumentationspflicht, wenn Daten, die im Rahmen einer Überwachung oder einer nachträglichen Auswertung gesichtet werden und die in keinem Zusammenhang mit der Sache stehen (beispielsweise SMS-Verkehr mit Drittpersonen ohne jeglichen Bezug zur Sache), nicht ins Dossier übernommen werden, weil sie in diesem Fall auch keine entlastende Funktion haben können. Regelungen hinsichtlich vorzeitiger Aussonderung von bestimmten Akten (triage) kommen allgemein bei Durchsuchungs-, Untersuchungs- sowie Überwachungsmassnahmen zur Anwendung (vgl. insbesondere zur Grobtriage bzw. Aussonderung von offensichtlich irrelevanten Akten: KELLER, in Donatsch/Hansjakob/Lieber, StPO-Kommentar, Art. 247 N. 3 ff). Auf die zutreffenden kassationsgerichtlichen Ausführungen kann verwiesen werden (E. 3.2).
Das kann m.E. bereits deshalb nicht richtig sein, weil es nicht der Polizei überlassen werden darf, über die Relevanz von Beweismitteln faktisch abschliessend zu entscheiden. Andererseits kann ich mir kaum vorstellen, dass ein Antrag auf Vervollständigung der ausgelesenen Daten im Vorverfahren abgewiesen würde.