Gehilfenschaft zur Vortat oder Geldwäscherei?

Das Kantonsgericht LU hatte gemäss BGer 6B_295/2019 vom 08.08.2019 folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Verschiedene mehrheitlich im Ausland wohnende Personen überwiesen dem Beschwerdeführer im Zeitraum von rund fünf Monaten (…) mehrere Geldbeträge auf dessen Bankkonto respektive via Western Union. Damit beglichen sie mutmasslich fingierte Vorschussverpflichtungen im Umfang von rund Fr. 35’700.– in Erwartung eines von “A.” auszurichtenden Kredits. Die Geldbeträge schickte der Beschwerdeführer – der selbst von “A.” einen Kredit aufnehmen wollte und dafür bereits Zahlungen an seine vermeintliche Kreditgeberin geleistet hatte – auf Anweisung von “A.” mit Western Union ihrem Account Manager B. nach Benin. Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer vor, die von “A.” ertrogenen Geldbeträge weitergeleitet zu haben, obwohl er es zumindest für möglich gehalten hatte, dass sie aus einem Verbrechen (Betrug) stammten.  

Zu entscheiden war insbesondere die Frage, wo der Betrug aufhörte und die Geldwäscherei anfing. Das Bundesgericht bestätigt das Kantonsgericht LU und knüpft an die Verfügungsmacht des Nachtäters an:

Zur Frage, ob die Vortat vollendet oder beendet sein muss, hat sich die Rechtsprechung in Entscheiden zum Tatbestand der Hehlerei dahingehend geäussert, dass das Tatbestandsmerkmal des Erlangens beendet sein muss, während hinsichtlich der übrigen Tatbestandsmerkmale Vollendung genügt. Die Sache darf sich mithin faktisch nicht mehr im Herrschaftsbereich des Opfers befinden. Der Täter muss vielmehr die tatsächliche freie Verfügungsmacht über die Sache erlangt haben (Urteile 6B_497/2014 vom 6. März 2015 E. 5.3.1; 6B_115/2007 vom 24. September 2007 E. 5.3.1; 6B_141/2007 vom 24. September 2007 E. 6.3.1) [E. 1.3].

Damit war die Beschwerde erledigt, zumal der Geldwäscher auch Gehilfe bei der Vortat sein könne:

Beim Tatbestand des Betrugs besteht die Tathandlung in einem irreführenden Verhalten des Täters. Der Täter bewirkt oder verstärkt beim Geschädigten durch arglistiges Vorspiegeln oder Unterdrücken von Tatsachen einen Irrtum und bestimmt den Getäuschten zu einer Vermögensdisposition. Der Betrug ist mit Eintritt des Vermögensschadens vollendet und mit Eintritt der Bereicherung beendet (BGE 133 IV 171 E. 6.5 S. 178; ANDREAS DONATSCH, Delikte gegen den Einzelnen, 11. Aufl. 2018, S. 226). Die Tathandlung liegt hier in der arglistigen Täuschung mehrerer Drittpersonen durch “A”. Diese gaukelte ihren Geschäftspartnern die Auszahlung einer Kreditsumme vor und brachte sie dazu, vermeintliche Vorschussverpflichtungen im Umfang von rund Fr. 35’700.– an den Beschwerdeführer zu leisten. Mit diesen Vermögensdispositionen war der Betrug als Vortat abgeschlossen. Im besagten Zeitpunkt waren die Getäuschten geschädigt, illegale Vermögenswerte angefallen und der Betrug vollendet. Damit braucht nicht beantwortet zu werden, ob mit einem Teil der Lehre Geldwäschereihandlungen auch zu einem früheren Zeitpunkt möglich sind. Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdeführer, wenn er unter Berufung auf ACKERMANN/ZEHNDER bei Vortaten mit überschiessender Innentendenz Beendigung voraussetzt und Tathandlungen zwischen Vollendung und Beendigung einzig als Handlungen eines Mittäters oder Gehilfen zur Vortat sieht. Vielmehr ist bereits in dieser Phase Geldwäscherei möglich. Der Sache nach geht es um eine Form der Begünstigung, und zwar um eine Wertbegünstigung. Durch die strafbare Handlung wird der Zugriff der Strafbehörde auf die aus einem Verbrechen stammende Beute behindert. Das strafbare Verhalten liegt in der Sicherung der durch die Vortat unrechtmässig erlangten Vermögenswerte. Es handelt sich um ein typisches Anschlussdelikt. Aufgrund seiner Stellung im Gesetz schützt der Tatbestand in erster Linie die Strafrechtspflege in der Durchsetzung des staatlichen Einziehungsanspruchs (BGE 129 IV 322 E. 2.2.4 S. 325 f. mit Hinweisen). Dem Tatbestand liegt wie den Einziehungsbestimmungen der Gedanke zugrunde, strafbares Verhalten solle sich nicht lohnen (BGE 129 IV 322 E. 2.2.4 S. 327 mit Hinweisen). Eine Sicherung der illegalen Vermögenswerte durch den Geldwäscher respektive eine Behinderung der staatlichen Einziehung ist unabhängig von einer Beendigung der Vortat möglich. Ebenso war im Zeitpunkt der Überweisungen an den Beschwerdeführer die Vereitelung der vorgenannten Einziehungs-, Auffindungs- und Herkunftsermittlungsinteressen möglich, unabhängig von der insoweit nicht relevanten Frage, ob die Betrügerin Verfügungsmacht über die Summen erhalten hatte. Nichts für seinen Standpunkt abzuleiten vermag der Beschwerdeführer schliesslich, wenn er argumentiert, eine Teilnahme im Sinne einer Gehilfenschaft und Mittäterschaft sei bei Delikten mit überschiessender Innentendenz bis zur Beendigung der Vortat möglich. Diese Ausführungen treffen zwar zu (BGE 122 IV 211 E. 3b/dd S. 220 mit Hinweis). Sie bedeuten aber, dass nebst der Geldwäschereihandlungen grundsätzlich auch eine Teilnahme des Beschwerdeführers an der Vortat zur Diskussion gestanden hätte. Nach der Rechtsprechung kann der Vortäter sein eigener Geldwäscher sein (BGE 128 IV 117 E. 7a S. 132; Urteil 6S.59/2005 vom 2. Oktober 2006 E. 6.3.1, nicht publ. in BGE 132 IV 132; je mit Hinweisen).  
 
Die Überweisungen per Western Union an B. stellen die sich an den Betrug anschliessenden Geldwäschereihandlungen dar. Der Schuldspruch der mehrfachen Geldwäscherei verletzt kein Bundesrecht. Die Rüge ist unbegründet (E. 1.4, Hervorhebungen durch mich).