Geiselnahme in der Schweiz?

Auch in der Schweiz werden Menschen wegen Geiselnahme verurteilt. Jüngstes Beispiel, bei dem ich jetzt nicht auf Anhieb auf Geiselnahme gekommen wäre, ist einem Urteil des Bundesgerichts zu entnehmen (BGer 6B_163/2015 vom 31.03.2015).

Aus dem Sachverhalt:

Nachdem Verstärkung eingetroffen war, forderten die Polizeibeamten X. auf, sich zu ergeben und verhaften zu lassen. Dieser trat ihnen an der Wohnungstüre mit seinem Kind im Arm gegenüber und weigerte sich trotz entsprechender Aufforderung, dieses aus der Hand zu geben. Um das Kind nicht zu gefährden und eine Eskalation zu vermeiden, zog die Polizei schliesslich unverrichteter Dinge ab.

Dagegen argumentierte der Beschwerdeführer so:

Er bestreite nicht, dass er sich mit seiner Weigerung, das Kind aus den Armen zu geben, auch gegen die geplante Verhaftung habe wehren wollen. Dies sei aber weder der alleinige Zweck noch der Anlass dafür gewesen, weshalb er das Kind auf dem Arm gehabt habe. Deshalb sei das Tatbestandselement des Sichbemächtigens nicht erfüllt. Ausserdem könne ihm nicht unterstellt werden, er habe seinem Kind etwas zuleide getan. Auch habe es sich in keiner Gefahr befunden. Das Kindswohl sei nicht beeinträchtigt worden, und er habe seinen Sohn nicht widerrechtlich, sondern sogar auf Wunsch der Mutter im Arm gehalten (E. 1.3).

Sie verfing auch vor Bundesgericht so natürlich nicht:

Vor der zweiten polizeilichen Intervention mag der Beschwerdeführer sein Kind aus väterlicher Fürsorge im Arm gehalten haben. Indem er sich anschliessend aber trotz entsprechender Aufforderung seitens der Polizei weigerte, das Kind aus den Händen zu geben, manifestierte sich seine Absicht, es als Schutzschild gegen den polizeilichen Zugriff zu missbrauchen. Damit übte er die Verfügungsmacht über sein Kind nicht mehr aus Fürsorglichkeit, sondern im Sinne von Art. 185 Ziff. 1 Abs. 1 StGB aus.
Der Beschwerdeführer bestätigt selbst, mit seinem Verhalten die Verhinderung seiner Verhaftung bezweckt zu haben (vgl. Beschwerde, S. 6). Selbst wenn zuträfe, dass dies nicht der einzige Grund war, weshalb er das Baby in seinen Armen behielt, und es dem Wunsch der Mutter entsprach, dass sich das Kind bei ihm befand, negierte dies seine (unbestrittene) Nötigungsabsicht nicht. Ebenso wenig ändert an der Tatbestandsmässigkeit seines Tuns, dass er seinem Kind weder Gewalt antat noch androhte und das Kindswohl nie konkret gefährdet war. Im Gegensatz zur qualifizierten Tatvariante verlangt Art. 185 Ziff. 1 Abs. 1 StGB nichts dergleichen (E. 1.5).
Und die Mutter? War sie Mittäterin?