Geiz kann bundesrechtswidrig sein

Im Kanton Zug wurde einem mittellosen Beschwerdeführer die beantragte amtliche Verteidigung vorerst verweigert, weil das Obergericht zuerst prozessuale Vorfragen prüfen wollte. Der Instruktionsrichter stellte – so ist es einem aktuellen Bundesgerichtsentscheid zu entnehmen (BGer 7B_50/2023 vom 30.11.2023) – fest,

dass in diesem Verfahren allenfalls Prozesshindernisse gemäss Art. 11 Abs. 1 StPO bestehen könnten (Dispositiv-Ziffer 5). Es forderte die Parteien auf, “gestützt auf Art. 403 Abs. 1 lit. c StPO und Art. 403 Abs. 2 StPO innert 20 Tagen schriftlich dazu Stellung zu nehmen, ob der Verfahrensgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bereits mittels Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug vom 22. August 2019 rechtskräftig abgeurteilt wurde” (Dispositiv-Ziffer 5.1) und “ob der Vorwurf der Widerhandlung gegen das Ausländergesetz gemäss Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG bereits im Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug vom 22. August 2019, Ziff. 5, rechtskräftig eingestellt wurde” (Dispositiv-Ziffer 5.2).

Auf die alles andere als einfachen Rechtsfragen hatte der Beschwerdeführer selbst (über seinen damals noch privaten Verteidiger) aufmerksam gemacht. Die Vorinstanz wollte den Aufwand offenbar einfach nicht übernehmen und kam auf die folgende, nicht gerade kluge Idee:

Erst falls vom Gesamtgericht festgestellt werden sollte, dass der Strafbefehl vom 22. August 2019 nicht rechtskräftig wäre, so dass ein Berufungsverfahren durchgeführt werden müsste, könnte die Frage nach der Einsetzung einer amtlichen Verteidigung auf erneuten Antrag hin allenfalls anders entschieden werden. Das Gesuch des Beschuldigten um amtliche Verteidigung sei mithin zurzeit abzuweisen (E. 2.1).

Das kann von Vornherein nicht richtig sein und das stellt auch das Bundesgericht fest:

Der mittellose Beschwerdeführer erscheint nicht in der Lage, ohne anwaltliche Unterstützung seine Argumente zu dieser Thematik gezielt vorzutragen und sich sachgerecht zu verteidigen. Ihm ist daher von Bundesrechts wegen bereits dafür die amtliche Verteidigung zu gewähren. Diese bliebe im Berufungsverfahren bestehen, wovon, wie erwähnt, im Grundsatz auch die Vorinstanz ausgeht. 

Nun könnte man natürlich auch sagen, der Beschwerdeführer bzw. sein Anwalt wäre mit einer privaten Verteidigung besser gefahren. Das hängt halt aber (auch) davon ab, wie die Vorfragen entschieden werden.