Geldwäscherei durch Verbrauch: Präzisierung der Rechtsprechung
Das Bundesgericht präzisiert seine Rechtsprechung in einem neuen Grundsatzentscheid, den es heute publiziert hat (BGE 6B_219/2021 vom 19.04.2023, Publikation in der AS vorgesehen):
Der Geldwäscher muss durch den Verbrauch der verbrecherisch erlangten Vermögenswerte (bzw. deren Surrogate) die legale Gegenleistung nicht erbringen, die für den Konsum dieser Verbrauchsgüter angefallen wäre. Das Verbrechen (bzw. das qualifizierte Steuervergehen) hätte sich demzufolge gelohnt. Beispiele für Verbrauchsgüter sind der Kauf von Lebensmitteln, Hygieneartikeln oder Benzin, die Begleichung von fälligen Miet- oder Pachtforderungen oder die Bezahlung von Dienstleistungen wie die eines Masseurs oder einer Coiffeuse.
Die Rechtsprechung ist dahingehend zu präzisieren, dass die Vernichtung von Vermögenswerten, die aus einem Verbrechen (oder einem qualifizierten Steuervergehen) stammen, an sich – man denke etwa an das Verbrennen von verbrecherisch erlangtem Bargeld oder das Verschrotten eines mit verbrecherisch erlangten Vermögenswerten als Surrogat erworbenen Oldtimers – den objektiven Tatbestand der Geldwäscherei nicht erfüllt (anders noch Urteil 6B_209/2010 vom 2. Dezember 2010 E. 6.4). Unbestritten vereitelt auch die Vernichtung der verbrecherisch erlangten Vermögenswerte deren Einziehung. Bei wirtschaftlicher Betrachtung führt sie jedoch in aller Regel nicht zu einem Vorteil und die verbrecherisch erlangten Vermögenswerte werden nicht als scheinbar legal erworben wieder in den Markt eingeführt (BGE 119 IV 242 E. 1e) : Die Straftat (bzw. das qualifizierte Steuervergehen) hat sich nicht gelohnt (…) [E. 6.4.2].
Und wie verhält es sich mit der Konkurrenz? Macht sich somit jeder Dieb der Geldwäscherei schuldig, wenn er sich z.B. von den gestohlenen 1‘000.- ein Weggli im Migros kauft? Der Unrechtgehalt dieser „Geldwäscherei“ ist doch bereits im Diebstahl enthalten – immerhin ist die Bereicherung ja gerade das Ziel des Diebstahls. Würde/müsste der Dieb das gestohlene Geld anschliessend vernichten, würde es ja letztlich an der Bereicherung(sabsicht) fehlen. M. E. wäre eine zusätzliche Verurteilung wegen Geldwäscherei eine doppelte Bestrafung, die spätestens im Rahmen der Konkirrenzen zu verhindern wäre.
Das ist das Grundproblem der Geldwäscherei, dass man den Strafrahmen für “normale” Delikte künstlich erhöht. Man kann nicht sein eigener Hehler sein, aber sein eigener Geldwäscher schon, womit aus einer Tat stets mehrere werden, obschon der Unrechtsgehalt mit der Bestrafung der Haupttat an sich erfasst wird. Der Dieb wird nun aber auch noch bestraft, weil er sich erdreistet, die Beute vor dem Staat zu verstecken. Was genau erwartet man denn von ihm? Dass er für den Staat stiehlt? Das tun andere.
Ursprünglich war das Ziel der Geldwäschereibekämpfung ein anderes.