Geldwäscherei: Übergang der Geschädigtenstellung durch die Hintertür
Wer sich eine Forderung abtreten lässt, die auf einer gegen den Zedenten begangenen Straftat beruht. wird nicht geschädigte Person i.S.v. Art. 115 StPO und kann sich auch nicht auf Rechtsnachfolge (Art. 121 StPO) berufen. Nach einem heute publizierten Bundesgerichtsentscheid wird der Zessionar aber geschädigte Person, wenn der Täter nach der Zession Geldwäschereihandlungen begeht (BGer 6B_931/2020 vom 22.03.2021):
Si le cessionnaire de la créance fondée sur l’infraction préalable n’est pas directement lésé par cette dernière infraction, il sera en revanche directement touché par les actes de blanchiment commis postérieurement à la cession. En effet, ces actes de blanchiment pourront avoir pour effet de mettre en danger les intérêts du cessionnaire, dans la mesure où ils l’entraveront dans l’obtention du paiement de la créance cédée, notamment par le biais de l’art. 73 CP. Si les allégations du recourant devaient être suivies, le recourant est bien directement touché dans ses droits par l’infraction de blanchiment dénoncée, de sorte que c’est à tort que la cour cantonale lui a dénié la qualité pour recourir selon l’art. 382 al. 1 CPP (E. 3.4.2).
Dieser Entscheid kann prima vista nicht richtig sein. Geldwäscherei ist Einziehungsvereitelung und soll nicht die Zahlungsfähigkeit des Täters gegenüber einem Zessionar des Geschädigten schützen. Das Bundesgericht tut aber so, als wäre das die klarste Sache der Welt und zitiert zur entscheidenden Frage weder Rechtsprechung noch Literatur. Es ist einfach so.
Der Entscheid ist mit Blick auf den historischen gesetzgeberischen Willen nicht richtig. Der Straftatbestand der Geldwäscherei wurde nicht als Delikt gegen Individualinteressen konzipiert, sondern richtet sich primär gegen die Einziehungsvereitelung. Aber es ist für Staatsanwälte und Richter halt schon einladend, das auf dem Weg der “Entwicklung von Lehre und Rechtsprechung” zu ändern. Geldwäschereidelikte können Vermögensinteressen Dritter berühren, weil sie deren Vermögen (zum Beispiel durch “Vermischung von Buchgeld”) dem Risiko der Beschlagnahme oder gar der Einziehung aussetzen können. Und genau so begründet das Bger. hier auch mit Bezug auf die in Frage stehende Geldwäscherei (vgl. E. 3.2). Auch private Interessen auf der 2. Linie (das Einziehungsinteresse steht auf der 1. Linie) können somit Geschädigtenrechte begründen. Das Bger. folgt hier einem internationalen Trend zur Natur des Geldwäschereistraftatbestands. Vielleicht ist das gar nicht so falsch: Wiese soll der Kunde eines Finanzdienstleisters, der diesen zur Geldwäscherei missbraucht, diesem unabhängig von einer (schwierig zu konstruierenden) vertraglichen Haftung nicht auch aus Delikt haften.
Eventuell übersehen Sie, dass der Zessionar einen Zuweisungsanspruch im Sinne von Art. 73 StGB hat? Der Tatbestand der Geldwäscherei schützt ja gerade das Interesse an der Restitution/Einziehung (und allenfalls Zuweisung gemäss Art. 73 StGB) und somit wohl auch den (aktuellen) Inhaber des Zuweisungsanpruchs.