Geschäftsmodell Strafvollzug
Unter dem Titel “Das Gefängnis als Geschäftsmodell” ist heute ein bemerkenswerter Artikel in der NZZ erschienen, das den Strafvollzug unter ökonomischen Aspekten beleuchtet:
Für einen der 100 Plätze im Normalvollzug sind 301 Franken zu berappen, während jeder der 20 Plätze im stationären therapeutischen Bereich mit 770 Franken zu Buche schlägt; zudem können 10 betagte Häftlinge betreut werden. Vor allem dank den Kostgeldern rechnet man mit Einnahmen von über 20 Millionen Franken und einem Gewinn von 3 Millionen jährlich.
Kostgelder als Einnahmen? Gewinnstrebige Gefängnisse? Dazu kommen weitere Synergien:
Zur Grösse der neuen Anstalt gesellen sich die Synergien mit den benachbarten Einrichtungen des offenen Haftvollzugs und der kantonalen psychiatrischen Dienste. Überdies erweist sich das neue Realta für die Region Domleschg/Heinzenberg als wichtiger Wirtschaftsfaktor. 80 der 110 Arbeitsstellen im künftigen Gefängnis sind neu zu besetzen; zudem wird auch das regionale Gewerbe merklich profitieren.
Da kann man aus ökonomischer Sicht ja nur hoffen, dass der Lieferant (die Justiz) keine Schwäche zeigt.
Nach der Psychiatrie wird nun auch der gewöhnliche Knast als ehrbares Geschäftsmodell definiert. Der Grenzgängerkanton GR sollte sich aber nicht zu früh freuen, da jeder Zuzüger als Unterfutterung der Baulobby dient. Weil aber auch der Grossteil der Pfleglinge kaum aus Swiss Aborigines besteht, kann wenigstens im Knast die Bildung von Parallelgesellschaften vermieden werden. Dem Positiven gehört die Welt.
„Werden also überwiegend nicht in Graubünden Verurteilte im neuen Gefängnis Realta untergebracht?“ fragt der Artikel. Natürlich werden meist nicht in Graubünden Verurteilte untergebracht, denn nur deren Kostgelder kann man ja den anderen Kantonen verrechnen.
Es ist keine gute Entwicklung, wenn sich Gefängnisse rentieren müssen.
Die Justiz schätze ich noch als unabhängig – oder eher entfernt – genug ein, um einen Einfluss von leeren Haftplätzen auf die Sanktionspraxis zu neutralisieren.
Aber wie sieht es an der Schnittstelle Vollzugsanstalt/Vollzugsbehörde aus? Die Vollzugsanstalt gibt beim Gesuch um bedingte Entlassung des Gefangenen meist auch noch selbst eine Empfehlung zur Gutheissung oder Ablehnung ab. Die Gefahr, dass hier ökonomische Überlegungen/“Sachzwänge“ ins Spiel kommen ist viel grösser. Aus ökonomischer Sicht muss ich die eigenen kantonalen Gefangenen nach 2/3 raus lassen und die ausserkantonalen möglichst lange drin behalten.
„Werden also überwiegend nicht in Graubünden Verurteilte im neuen Gefängnis Realta untergebracht?“ fragt der Artikel. Natürlich werden meist nicht in Graubünden Verurteilte untergebracht, denn nur deren Kostgelder kann man ja den anderen Kantonen verrechnen.
Es ist keine gute Entwicklung, wenn sich Gefängnisse rentieren müssen.
Die Justiz schätze ich noch als unabhängig (oder eher entfernt) genug ein, um einen Einfluss von leeren Haftplätzen auf die ausgesprochene Sanktion zu neutralisieren.
Aber wie sieht es an der Schnittstelle Vollzugsanstalt/Vollzugsbehörde aus? Die Vollzugsanstalt gibt beim Gesuch um bedingte Entlassung des Gefangenen meist auch noch selbst eine Empfehlung zur Gutheissung oder Ablehnung ab. Die Gefahr, dass hier ökonomische Überlegungen/“Sachzwänge“ ins Spiel kommen ist viel grösser. Aus ökonomischer Sicht muss ich die eigenen kantonalen Gefangenen nach 2/3 raus lassen und die ausserkantonalen möglichst lange drin behalten.
Wenigstens werden hierzulande dieses Geschäftsmodell von nicht besonders geschäftstüchtigen, staatlichen Behörden praktiziert.
Schlimmer finde ich da, wenn (wie man liest) in den USA eine Lobby privatisierter Gefängnisse sich politisch stark dafür engagiert, dass Bagatellkriminalität wie Cannabis-Konsum (weiterhin) martialisch bestraft wird. So kann sie sich relativ pflegeleichte Klientel sichern und die optimale Auslastung ist garantiert.
So weit ist es bei uns zum Glück noch nicht.