Gescheiterte Verteidigungstaktik
Es ist offenbar keine gute Idee, in einem Strafverfahren von seinem Schweigerecht insofern Gebrauch zu machen, als nur die extrem cleveren Fragen der Verteidigung beantwortet werden. Das lässt sich aus einem neuen Urteil des Bundesgerichts ableiten, dem folgendes zu entnehmen ist (BGer 6B_515/2014 vom 26.08.2014):
Der Beschwerdeführer beantwortete an der Hauptverhandlung die Frage seines Verteidigers “Bist Du das Auto damals gefahren?” mit “Nein”. Der Verteidiger fragte nicht: “Warst Du der Lenker des vom Radar am 30. Oktober 2011, um 12.17 Uhr, gemäss der Anklage erfassten Autos?” Auf die unpräzise Frage (“Wo bist Du am fraglichen Tag gewesen?”) erwiderte er in einer ebenso allgemeinen Weise: “Zu Hause”. Rechtserheblich konnte nur sein, wo er um 12.17 Uhr war. Zutreffend stellte die Erstinstanz fest: Der Umstand, dass er die sibyllinische Frage seines Verteidigers (“Machst Du, falls Du die Täterschaft kennst, das Zeugnisverweigerungsrecht geltend, falls Du als Zeuge einvernommen wirst?”) lapidar mit “Ja” beantwortete, mache die im Raum stehende Frage, ob ein Familienmitglied die fragliche Geschwindigkeitsüberschreitung begangen haben könnte, in keiner Weise glaubhaft. Wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde festhält, war ihm bereits im Zeitpunkt des Übertretungsvorhalts klar, dass er nicht als Zeuge befragt werden wird.
Immerhin, gelogen hat er nicht, der Beschwerdeführer, jedenfalls nicht nach der Auffassung des Bundesgerichts.
Man beachte, dass sich die Oberstaatsanwaltschaft zur Beschwerde, die immerhin eine ihrer Kernkompetenzen zum Gegenstand hatte, nicht hatte vernehmen lassen.
Nomen est Omen: Der mit selektivem Schweigen arbeitende Verteidiger heisst ausgerechnet Schweiger. http://t.co/WVqWObUMjM via @strafprozess
“Es sind keine Anhaltspunkte vorhanden, die gegen eine Täterschaft des Beschwerdeführers sprechen.” Und ich dachte immer, es müssten Anhaltspunkte, nein, Beweise (!) FÜR die Täterschaft vorliegen…