Gesucht: Der Fehlbefehl
Der Beobachter berichtet hier über die Macht der Staatsanwaltschaften im Strafbefehlsverfahren. In diesem Zusammengang steht auch die Suche nach dem “Fehlbefehl des Jahres”:
92 Prozent aller Verbrechen und Vergehen werden mit Strafbefehlen abgeurteilt. 2020 waren das 83’357. Ohne ein Gericht überzeugen zu müssen, können Staatsanwälte Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten aussprechen. Trotz dieser grossen Macht wird ihre Arbeit kaum kontrolliert. Der Beobachter möchte das ändern.
In Kooperation mit dem Verein Entscheidsuche.ch und einer hochkarätigen Jury küren wir den Fehlbefehl 2022. Schicken Sie uns Ihren Strafbefehl, den Sie stossend finden, mit einer kurzen Beschreibung des Falls an strafbefehl@beobachter.ch oder anonym unter sichermelden.ch.
Ja Super, Staatsanwälte bzw Kantone sollten mindestens die Gerichtsgebühren aufgebrummt erhalten für Niederlagen, dann könnte man ganz einfach anhand dieser auferlegten Kosten sehen wie oft Staatsanwälte krass daneben griffen.
Das Strafbefehlsverfahren ist die Aushölung des Rechstaates, alleine schon der Name Strafbefehl ist eine Schande, andern Orts bemüht das Bundesgericht gerne die normalem Sprachgebrauch wie ihn eine durchschnittlich intelligente Person verstehen konnte und durfte, noch niemand konnte mir erklären wie das Wort Strafbefehl als Offerte verstanden werden kann, das ganze Verfahren ist alleine darauf ausgelegt Kosten zu generieren den entweder brauche ich juristischem Beistand oder ich verpasse meine Fristen. Das man eine Offerte innerhalb von 10 Tagen ablehnen muss ist der nächste Skandal.
Das wer nicht zur Einvernahme oder Hauptverhandlung erscheint eine Ruckzugsfiktion erleidet während jedoch die Anklage regelmässig nicht vor Gericht erscheint, soll mal einer mit einem fairen Verfahren in Einklang bringen.
Der Rechtstaat ist eine reine Schande und alleine noch Selbstzweck, aber immer mehr Bürger erkennen das und wo das Endet kann man historisch gut beobachten…
@John:
Man könnte die Kosten bei Niederlagen gerne den Staatsanwälten auferlegen, dann müsste man diese wohl konsequenterweise aber auch an ausgesprochenen Geldstrafen und bei Vermögenseinziehung beteiligen. Aber dann wäre es wohl ebenfalls konsequenter, wenn wir die Strafverfolgung gleich gänzlich privatisieren.
Es gäbe sicher mehr Vermögenseinziehung als heute, aber kaum ein gerechteres Verfahren oder Ergebnis.
Ebenfalls verstehen Sie den Strafbefehl falsch, wenn Sie ihn einzig als “Offerte” verstehen. Die Nomenklatur ist insofern doch korrekt, als es nicht nur eine Offerte ist. Eine Strafverfolgungsbehörde hat einen Sachverhalt geprüft und kam zum Schluss, dass sich jemand strafbar gemacht hat. Wer nicht damit einverstanden ist, erhebt – fristgerecht – Einsprache. Das ist ein Rechtsbehelf und nicht etwa die “Ablehnung einer Offerte”.
Ebenfalls verkennen Sie, dass das Strafbefehlsverfahren eigentlich dazu dient Kosten zu senken. Dies nicht nur für den Steuerzahler, sondern auch für die beschuldigte Person selber. Im Übertretungsverfahren sieht man es oft, dass die Gebühren die eigentliche Busse um ein Vielfaches übersteigen. Dieses Ergebnis würde bei einem Grossteil der heute im Strafbefehlsverfahren erledigten Verfahren ebenfalls drohen, wenn in jedem Fall Anklage vor Gericht erhoben werden müsste. Und die Kosten für den Beschuldigten würden übrigens noch weiter steigen, wenn die Staatsanwaltschaft in jedem Fall vor Gericht erscheinen müsste. Die Abwesenheit des Anklägers ist m.E. in der Tendenz eher ein Vorteil als ein Nachteil im Gerichtsverfahren.
genau so ist es….
Einmal mehr unfundiert und verdreht, aber es passt zu Ihren sonstigen Kommentaren. Um es mal klar zu sagen: wir müssten nicht halb so viele Strafbefehle ausstellen, wenn nicht derart viel delinquiert würde. Oder glauben Sie, das macht uns Spass? Na ja, Ihren regelmässigen Tiraden nach zu urteilen, glauben Sie das. Also ist eigentlich jegliche Diskussion mit Ihnen überflüssig. Sie haben einfach keine Ahnung.
Was ist den das für eine Logik? So können Sie alles rechtfertigen: Wir müssten nicht so viele Todesstrafen aussprechen, wenn nicht so viel gemordet wurde. Wir müssten nicht so viele Täter foltern, wenn diese nicht so viele Opfer gefangen halten würden. Man kann den Strafbefehl noch so oft schön reden – Fakt ist, dass die überwiegende Lehre in der Schweiz den Strafbefehl seit seiner Existenz scharf kritisiert und ablehnt. Empirisch belegt ist, dass Strafbefehle für Fehlurteile besonders anfällig sind. Fakt ist, dass der Strafbefehl die schwächsten der Gesellschaft, in der Regel wenig gebildete Menschen und/oder solche welche die Sprache nicht beherrschen, systematisch benachteiligt. Fair wäre einzig, dass der Beschuldigte den Strafbefehl innert Frist explizit akzeptieren muss, ansonsten die Akten direkt ans Gericht überwiesen würden. Diejenigen Beschuldigten, die den Brief nicht verstehen, reagieren nicht und diejenigen die ihn verstehen können sich entscheiden, ob sie die Strafe akzeptieren oder vor das Strafgericht möchten. Aus Sicht einiger Beschuldigter hat der Strafbefehl ja auch gewisse Vorteile (kein öffentliches Verfahren; i.d.R. günstiger).
Natürlich sind Sie der Superheld Blaise Kern, der Starfbefehle austellt zB wegen Drogenkonsum, was jedoch unter die persönliche Freiheit fällt, Lönder wie Südafrika oder Mexiko habe das bereits erkannt, nur die Rückständige Schweiz stellt nach wie vor Strafbefehle aus welche gegen die Menschenrechte verstossen, Welche Strafe erwartet Sie ? Ja ja klar das ist formales Gesetz (um es zwar genau zu nehmen nur Verodnung) in der Nazizeit war auch vieles formales Gesetz, für was später die die sich daran gehalten haben bestraft wurden.
Insofern hat Ai Wei Wei recht, die Schweiz ist das scheinheiligste Land der Welt.
Ich habe meine Schlüsse daraus gezogen das der Staat mein Feind ist, er wird noch viel Freude mit mir haben, früher habe ich 5 Stellige Steuerbeträge bezahlt, jetzt bin ich mittellos, und jetzt macht delinquieren erst richtig spass
Sie habe mich also nicht Sozialisiert ganz im Gegenteil durch die andauernden Grundrechtseingriffe wegen Selbstschädigung werde ich den Staat nun extra sehr sehr viel kosten! Ziel erreicht ?
Ich mein nur schon das man den Fehlbefehl küren will (logischerweise aus vielen) zeigt der Staat (die Inquisitionsanwälte) bestrafen regelmässig Personen welche sich gar nicht strafbar gemacht haben, das nehmen wir in Kauf für Prozessökonomie der Anspruch an sich selbst als Rechtstaat kann nur noch als Wirz bezeichnet werden.
Schliesslich ist jeder Fehlbefehl auch ein Gesetzesbruch vom Staat, Strafe für dem Staat ? Nö nö, der Staat darf folgenlos Gesetze brechen nur der dumme Bürger muss sich daran halten…der Kanton, die Gemeinde und die Staatsanwältli (die Notabene noch oftmals 3 mal durch die RA Prüfung gerasselt sind) sind Götter in diesem Land und können tun und lassen was Sie wollen.
Wer einigermassen intelligent ist, weiss anschliessend ans Gesetz halten bringt nichts
Sehr sachlicher Kommentar. Hoffe nicht, dass dieser sehr gute Blog zur Plattform von populistischen Äusserungen verkommt. Dazu gibt es schliesslich ist die Kommentarspalte der gängigen Onlinemedien.
…Sie haben so Recht: das ist er leider schon lange, da der geschätzte kj sämtlichen Nonsense ungefiltert publiziert…aber ja,,,,es lebe die sozialen Medien!
@Anonymous: Danke für die anonymen Blumen.
Genau: würde vorschlagen, dass mindestens ein juristisches Studium Voraussetzung ist bzw. wird um hier noch einen Kommentar abgeben zu dürfen. So bleiben wir bzw. der zwischen uns verbreitete “Nonsense” wenigestens unter uns….;o). In jedem Fall ist es schade, wenn sich hier bald mehr Verschwörungstheoretiker und Querulanten tummeln als wirklich interessierte und sich konstruktiv äussernde Bürger…
Beobachter:
Was sind denn Verschwörungstheoretiker und Querulanten?
Ich wurde in einem Konflikt mit der Stadt Dietikon durch den Gewaltschutzdienst der Kapo ZH auch als Querulant eingestuft.
Danach gewann ich mehrere Prozesse gg. die Stadt Dietikon vor Verwaltungsgericht (ohne Anwalt), wo das VGer die Observation gegen mich ebenso wie das Hausverbot als unrechtmässig und unverhältnismässig einstufte.
Laut Merkblatt der Kantonspolizei ZH gibt es auch Querulanten, die rechtlich im Recht sind, aber dennoch Querulanten sind (wie soll das dann gehen?).
Also laut Kantonspolizei ist man ein Querulant, wenn man sich gegen Behörden wehrt und durch mehrere Gerichtsinstanzen geht, auch wenn man am Ende Recht erhält.
Den Fehlbefehl zu küren, hat durchaus seine Berechtigung. Dies ist allerdings vor dem Hintergrund zu sehen, dass auch Staatsanwälte Menschen sind und daher zwangsläufig Fehler machen.
Man darf aber die Vorteile des Strafbefehlsverfahrens als schnelles und kostengünstiges Entscheidinstrument nicht zu sehr aus den Augen verlieren:
Der Strafbefehl ist kostengünstig, was auch im Interesse der beschuldigten Person ist, zumal diese die Kosten im Verurteilungsfall zu tragen hat. Der Strafbefehl ist schnell, was ebenfalls im Interesse der beschuldigten Person ist. Dabei ist nicht nur an die Belastung zu denken, die ein hängiges Strafverfahren für die betroffene Person mit sich bringt. Eine Anklage bedingt regelmässig zusätzliche Beweisabnahmen, mindestens eine zusätzliche Befragung der beschuldigten Person bei der Staatsanwaltschaft sowie eine weitere Befragung vor den Schranken, was die beschuldigte Person Zeit und Nerven kostet. Mit einem Strafbefehl kann ausserdem bei Fällen mit bestehender Fluchtgefahr auch unnötige Untersuchungshaft bzw. Sicherheitshaft verhindert werden, was ebenfalls im Interesse der beschuldigten Person ist.
Alles in allem Überwiegen die Vorteile die Nachteile – nicht nur aus Sicht des Steuerzahlers sondern auch aus Sicht der beschuldigten Person – deutlich, zumal der Rechtsbehelf gegen den Strafbefehl kaum noch leichter ausgestaltet werden könnte.
Schön, dass sie das Strafbefehlsverfahren so abfeiern. Effizient ist es ja zweifellos. Nur fordert diese Effizienz halt seinen (rechtsstaatlichen) Preis.
Vielleicht sollten wir trotzdem wieder mehr über die grundsätzliche Bedeutung des Strafrechts in der Gesellschaft nachdenken. Mein Eindruck wäre nämlich, dass nicht etwa die Menschen immer krimineller werden. Sondern, dass zu viele Verhaltensweisen kriminalisiert werden.
Ich werde nie verstehen, warum die Mängel am Strafbefehlsverfahren immer mit der Staatsanwaltschaft in Verbindung gebracht werden. Das System ist – mit all seinen Mängeln – vom Gesetzgeber so gewollt. Die Ergebnisse wären kaum anders, wenn das gleiche Massengeschäft von vollamtlichen Richtern erledigt würde. Es geht allein um das Verhältnis von Geschäftslast zu Personal.
Es ist müssig und naiv darüber zu spekulieren wie es wäre, wenn einzelne Fälle vor den Richter gekommen wären. Würde man das System ändern, kämen alle Fälle vor den Richter und das Problem würde einfach eine Stufe höher rutschen. Man müsste zugleich massiv mehr Richter engagieren und die Gerichte ausbauen, was mit immensen Mehrkosten verbunden wäre. Spätestens da würde der Steuerzahler wieder abwinken. Dann doch lieber billig über die STA schimpfen.
Ich verstehe im Übrigen auch die STA nicht, welche das Strafbefehls-System verteidigen. Offensichtlich und selbstverständlich ist es schlecht. Aber es ist das vom Gesetzgeber gewollte System. Es fehlt an Geld, nicht an Einsicht.
Wie so oft, spielt der menschliche Faktor die entscheidende Rolle. Ein gutes System kann durch Unfähigkeit (fachlich und/oder persönlich) schlechte Ergebnisse liefern, ein schlechtes System durch Fähigkeit gute (alles im Rahmen des schlechten bis guten Gesetzes). So dürfte nicht die Demokratie, sondern die Monarchie mit einem überaus fähigen König die beste Staatsform sein. Und die Diktatur mit einem miesen Führer die schlechteste.
Die Schweiz ist ein Schönwetterstaat, die Justiz eine Schönwetterjustiz; gäbe es nicht über 90 Prozent Geständnisse, würde das System kollabieren. Das Strafbefehlsverfahren ist nicht per se schlecht, sondern effizient, so es denn nicht missbraucht wird. Leider gibt es, wie unter Anwälten und Richtern, schwarze Schafe auch unter Staatsanwälten. Und es gibt Staatsanwälte, welche unfaires Verhalten anderer scharf massregeln und harte Konsequenzen fordern. Tatsächlich ist die Verantwortung der Geschäftsleitungen enorm, aber auch der Gerichte, welche den Strafprozess überwachen sollten. Staatsanwälte, welche sich nicht fair verhalten, müssten einmal verwarnt, beim zweiten Mal entlassen werden.
Ein Beispiel: Der Staatsanwalt macht dem von der betagten und kognitiv eingeschränkten Mutter auf Drängen der Schwester (im Erbstreit) für eine vermeintliche Erpressung (9 Jahre zuvor angeblich Geld gegen Treffen der Enkel, die sie nie gesehen hatte und deren Namen sie nicht mal kannte) Verzeigten klar, wenn er die Tat nicht anerkenne, werde er die Mutter einvernehmen müssen und das Verfahren werde noch lange dauern. Der nicht verteidigte Angeschuldigte wollte seine Mutter schonen und akzeptierte, was ihm von der Schwester nun seit Jahren um den Kopf geschlagen wird (mit Versenden des Strafbefehls an Geschäftspartner etc.). Die Mutter verzichtete im Strafverfahren auf Schadenersatz; ihre Beiständin hat mit dem Strafbefehl später natürlich eine Forderungsklage (gegen den ausdrücklichen Willen der Mutter ) eingereicht. Oft ist man sich wohl der Konsequenzen dieser abgekürzten Verfahren nicht bewusst.
Mir gehen diese Fehlbefehle ebenfalls mächtig auf den Sack.
Insbesondere die impliziten Abzüge für Geständnis, Reue und Abkürzung des Verfahrens sind massiv und führen zu viel zu tiefen Strafen. Zumal weder Geständnis noch Reue je geäussert wurde, sondern einfach implizit angenommen wird, was für den Kriminellen ja besonders elegant ist, um sich herauszuwinden. Ich habe viele dieser Fehlbefehle und auch Strafurteile gesehen und bin der Ansicht, dass bei einem Fehlbefehl die Strafen höchstens einen Drittel der angemessenen Sanktion ausmachen, teilweise leider noch sogar noch weniger.
Dazu kommt noch, dass die Fehlbefehle häufig auf Sachverhalten beruhen, wo die Geschädigtenseite nur oberflächlich abgeklärt worden ist. Man stelle sich vor, was passiert, wenn ein(e) Geschädigte(r) weinend vor Gericht sein erlittenes Unrecht nochmals anschaulich schildert, dann geht das Strafmass durch die Decke.
Ich danke für diese Initiative, die ich unterstützte. Ich bitte die Kollegen darum, möglichst viele Fehlbefehle einzureichen, wo das Strafmass wesentlich zu tief war.
Das meinte ich. – Strafbefehle auf implizite angenommene Geständnisse … Wow.
@Anonymous und xy: Es gibt schon Konstellationen, bei denen das Sinn macht, ein implizites Geständnis in der Strafzumessung in einem Strafbefehl strafmindernd zu berücksichtigen.
Beispiel: Ein Diebstahl in einem Ladengeschäft, welcher auf einer Videoüberwachung zu sehen ist, wobei der Täter genügend klar identifiziert werden konnte (zB ein auffälliges Muttermal im Gesicht). In der polizeilichen Einvernahme verweigert der Beschuldigte die Aussagen (sagen wir mal auf Anraten der Verteidigung). Die Polizei rapportiert an die Staatsanwaltschaft. Gestützt auf die Akten, insbesondere das gesicherte Videomaterial erscheint der Sachverhalt als genügend erstellt, um direkt einen Strafbefehl zu erlassen.
Dem Beschuldigten kann m.E. bei dieser Konstellation in der Strafzumessung ein geringer Geständnisbonus angerechnet werden, wenn der Verfahrensabschluss im Rahmen eines Strafbefehls akzeptiert wird. Die Akzeptanz des Strafbefehls kann als Ausdruck von Einsicht in das Unrecht der Tat gewertet werden. Zusätzlicher Untersuchungsaufwand (etwa die Erstellung eines morphologischen Gutachtens zu den gesicherten Videobildern, weitere Einvernahmen etc.) wurde ausserdem nicht mehr nötig. Daher kann im Strafbefehl eine tiefere Strafe ausgefällt werden, als in einer Anklage nach durchgeführtem Beweisverfahren zu beantragen gewesen wäre.
@Anonymous: Können Sie diese Vermutung der „impliziten Geständnisabzüge“ objektivieren? Unter anderem die grossangelegte Studie von Marc Thommen belegt statistisch etwas anderes. Siehe z.B. den Artikel aus der Sonntagszeitung: https://antira.org/2019/03/18/medienspiegel-17-maerz-2019/
Aufgrund dessen, dass bei den untersuchten Einsprachen der weitaus grösste Teil der Strafen reduziert wurde und nur in einem Fall eine höhere Strafe ausgesprochen wurde, ist davon auszugehen, dass die Strafbefehle zu hart und sicher nicht zu milde sind. Übrigens gab es auch einige Freisprüche. Das Problem ist, dass dieselbe Person, die die Untersuchung gegen eine Person einleitet, schliesslich über diese entscheiden muss. Zuerst gilt in dubio pro duriore und dann in dubio pro reo… Dieser „Hutwechsel“ ist bereits aus psychologischer Sicht ein kaum machbarer Spagat (siehe Bestätigungsfehler/confirmation bias etc.); wenn man zur Auffassung kommt, dass eine Person tatverdächtig ist, wird man geneigt sein, seinen anfänglichen Verdacht mit dem Strafbefehl zu bestätigen. Und letztlich hat der Staatsanwalt nichts zu verlieren: Die Einsprache geht direkt an ihn und er kann dann immer noch ohne grosses Aufsehen die Einstellung verfügen. Ein solcher Fall ist auch im erwähnten Artikel der Sonntagszeitung umschrieben: Ohne weitere Beweiserhebung erging nach Einspracheerhebung eine Einstellungsverfügung. Die Faktenlage hat sich nicht geändert, ausser dass der Beschuldigte zum Ausdruck gebracht hat, dass er bereit ist, sich gegen den Strafbefehl zu wehren.
Ich lese den Blog von KJ immer mit grossem Interesse und profitierte davon auch in meiner beruflichen Tätigkeit als Richter. Dafür möchte ich mich auch einmal bei Ihnen herzlich bedanken. Bisher hatte ich auf Kommentare verzichtet. Nachdem ich nun seit gut einem Jahr pensioniert bin, werde ich mir erlauben, gelegentlich meine Meinung zu äussern.
Ich unterstützte das, was Beobachter und Anonymous geschrieben haben, dass nämlich unqualifizierte und primär polemische Beiträge bedauerlich sind und gelöscht gehören. Der Blog verliert sonst seine Qualität und das wäre sehr schade. Bis vor einiger Zeit waren zwar Beiträge oft auch sehr pointiert und machten auch die Stellung des Kommentators (Anwalt, Staatsanwalt, etc.) deutlich , blieben aber sachlich, d.h. bei der Sache selbst. Ich bin nicht selten mit KJ auch nicht einverstanden, das ändert aber an meiner Wertschätzung nichts.
@Andy K. Herzlichen Dank, das freut mich sehr. Die von Ihnen angesprochenen Kommentare ärgern mich auch und ich denke auch immer wieder darüber nach, ob ich sie blocken soll. Das wollte ich anfänglich aus verschiedenen Gründen nicht. Geblockt habe ich nur Kommentare mit strafbarem Inhalt und da habe ich bestimmt auch nicht alle erwischt. Ich überlege mir aber, das zu ändern.
Also ich sehe hier vielleicht vereinzelt polemische Kommentare.
Aber welche sind hier sonst gemeint?
Beispielsweise schrieb weiter oben jemand “Schliesslich ist jeder Fehlbefehl auch ein Gesetzesbruch vom Staat, Strafe für dem Staat ? Nö nö, der Staat darf folgenlos Gesetze brechen nur der dumme Bürger muss sich daran halten…”
Das klingt zunächst polemisch, aber es ist ja auch Tatsache.
Staatsanwälte können beispielsweise jemanden zu lange in U-Haft halten, oder eine Entsiegelung, die nur einen Monat dauern darf, geht halt mal 20 Monate.
Das hat null Konsequenzen.
Ist also das obige Zitat polemisch? Die Formulierung klingt vielleicht polemisch, aber es steckt ein wahres Problem dahinter.
Wenn künftig solche Kommentare nicht mehr erscheinen, fände ich das äusserst schade. Diejenigen, die die Kommentare nicht lesen wollen, sollen halt anhand der Namen einfach überspringen.
Aber eine Nicht-Zulassung würde Allen verbieten, diese Kommentare zu sehen. Mich interessieren diese Kommentare sehr, da immerhin auf Missstände in der Justiz hingewiesen wird.
Das ist einer der besten Jus-Blogs ever. Ich bin seit Jahren täglicher Besucher dieser Website. Vielen Dank, Herr Kollege!
@Gerichtsschreiber: Herzlichen Dank, Herr Kollege.
Der Preis wurde verliehen – die betreffende Staatsanwaltschaft hat dankend abgelehnt… Nachzulesen hier:
https://www.beobachter.ch/gesetze-recht/negativpreis-fehlbefehl-des-jahres-der-beobachter-kurt-den-schludrigsten-strafbefehl-des-jahres-567322