Grosszügiges Eintreten
Es mag sein, dass mein Eindruck – vielleicht aus déformation professionelle – falsch ist. Aber für Strafkläger, ob staatliche oder private, scheinen weniger strenge Anforderungen an die Begründung von Beschwerde zu gelten als für Beschuldigte.
Ein heute publizierter Entscheid (BGer 6B_515/2016 vom 29.05.2017, Fünferbesetzung) bestätigt mir diesen Eindruck mit folgender Erwägung:
Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung eines Verfahrens, hat die Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden eine Zivilforderung erhoben. In jedem Fall muss sie im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung des Beschwerderechts strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer äussert sich weder zu seiner Beschwerdelegitimation noch zu seinen allfälligen Zivilforderungen. Damit genügt er den Begründungsanforderungen grundsätzlich nicht. Jedoch macht er eine fahrlässige schwere Körperverletzung (schwere Verbrennungen) geltend, die zu Zivilforderungen im Sinne von Art. 41 ff. OR führen kann. Ferner hat er sich am 29. Januar 2013 als Straf- und Zivilkläger konstituiert. Da sich die Zivilforderungen aus der Natur der untersuchten Straftat ergeben, ist der Beschwerdeführer zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert (E. 1, Hervorhebungen durch mich).
Gegenbeispiel (6B_1095/2015 vom 8.3.2016):
“1.1. […] Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht ([…]).
1.2. […] Hinsichtlich des Betrugs macht der Beschwerdeführer geltend, die Beschwerdegegnerin habe am 6. August 2013 eine Vaterschafts- und Unterhaltsklage anhängig gemacht und konfrontiere ihn mit “abartigen Unterhaltsforderungen”. Die der Betrugsanzeige zugrunde liegende konstruierte Bedarfsaufstellung der Beschwerdegegnerin werde von ihr im Unterhaltsprozess missbraucht, um überrissene Wohnkosten zu rechtfertigen. Dies könne sie ungestraft tun, solange die Anzeige wegen Betrugs nicht anhand genommen werde.
1.3. […] Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Nichtanhandnahme des Strafverfahrens wegen Betrugs richtet. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern er aufgrund der im Vaterschafts- und Unterhaltsprozess von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten angeblich überhöhten Unterhaltsforderungen finanziell geschädigt sein soll oder weshalb ihm daraus andere Ansprüche, wie etwa eine Genugtuungsforderung, erwachsen sein sollen. Dies genügt den strengen Begründungsanforderungen nicht.”
Die strengen Anforderungen sind erfüllt, wenn das Bundesgericht die Beschwerde behandeln will.