Gründliche forensische Auswertung v. blosse Sichtung

Die Staatsanwaltschaft SG hat ein Verfahren wegen sexueller Handlungen mit Kindern eingestellt. Das Bundesgericht kassiert die Einstellung und weist die Staatsanwaltschaft an, ein bereits durchsuchtes Mobiltelefon und eine Fotokamera “gründlich” forensisch auszuwerten, falls die untersuchungsrelevanten Daten noch erhältlich gemacht werden können (BGer 6B_1109/2019 vom 23.09.2020):

Der von den Beschwerdeführerinnen daraufhin gestellte Beweisantrag auf forensische Auswertung der beiden Aufnahmegeräte der Beschwerdegegnerin 2 wurde durch die Staatsanwaltschaft mit der Begründung, dass bei der Durchsuchung des Mobiltelefons keine Hinweise auf Nacktfotos vorgelegen haben, abgelehnt (…). Die Vorinstanz führt ihrerseits aus, dass die Auswertung der Fotokamera und des Mobiltelefons nicht mehr zielführend sei (…). Diese Begründung überzeugt nicht. Mit Blick auf die schweren im Raum stehenden Vorwürfe des Kindsmissbrauchs und in Anbetracht dessen, dass die Sichtung der beiden Geräte offenbar erst erfolgt ist, nachdem die Beschwerdegegnerin 2 von den ihr gegenüber erhobenen Vorwürfen durch den Kindesvater in Kenntnis gesetzt wurde, so dass sie ohne Weiteres die Möglichkeit hatte, verfängliche Fotos zu löschen, erscheint eine gründliche forensische Auswertung der Datenträger (mit allfälliger Rekonstruierung gelöschter Bilder) als angezeigt. Eine blosse “Sichtung” genügt nicht. Dies gilt umso mehr, als dass von einer Einvernahme der Beschwerdeführerinnen abzusehen ist (…) und die gründliche Abklärung, ob im massgeblichen Zeitraum verfängliche Aufnahmen erstellt wurden, als letzte Möglichkeit erscheint, den Sachverhalt zu ermitteln. Inwiefern eine Auswertung aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr zielführend sein sollte, legt die Vorinstanz nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Dass die beiden Aufnahmegeräte, für welche die Beschwerdeführerinnen eine forensische Untersuchung beantragt haben, nicht mehr erhältlich gemacht werden könnten, lässt sich weder den Akten noch dem angefochtenen Entscheid entnehmen. Die Beschwerde, wonach die Vorinstanz ihren Beweisantrag in Verletzung von Bundesrecht nicht abgenommen hat, ist insoweit begründet (E. 2.6.3).  

Der Fall wird sich erfahrungsgemäss einfach lösen: Die Geräte bzw. die Daten sind nicht mehr erhältlich. Es ist aber immer wieder erstaunlich, wie stark das Beweisantragsrecht der Privatkläger gegenüber demjenigen der Beschuldigten ist.