Grundsatzentscheid zum Haftbesuchsrecht

Ein (unverheiratetes) Paar befindet sich seit fast zwei Jahren in strafprozessualer Haft und hat nun vor Bundesgericht ein Haftbesuchsrecht erstritten (BGE 1B_34/2017 vom 18.04.2017, Publikation in der AS vorgesehen).

Vielleicht ist der Entscheid ein Anfang hin zur Lockerung des völlig übertriebenen U-Haftregimes in der Schweiz, das gerade die in diesem Entscheid diskutierten Fragen des verfassungsmässig geschützten Familienlebens praktisch ignoriert. Die Vorinstanz hatte die Verweigerungshaltung noch so begründet:

Im angefochtenen Entscheid wird vielmehr argumentiert, die strafprozessual Inhaftierten hätten keinen Anspruch auf “positive Leistungen des Staates” wie Transport und Bewachung zu Besuchszwecken. Diese juristische Ansicht ist weder mit dem Grundrecht auf Familienleben vereinbar, noch findet sie in Art. 235 Absätze 1 und 2 StPO eine Stütze. Das Gesetz sieht vielmehr die “Bewilligung” von entsprechenden angemessenen Besuchskonditionen durch die strafprozessuale Verfahrensleitung bzw. die “Aufsicht” von bewilligten Besuchen (im Rahmen der Haftzwecke bzw. vorbehältlich der Ordnung und Sicherheit in der Haftanstalt) ausdrücklich vor. Die Beschwerdeführenden haben sich denn auch schon im vorinstanzlichen Verfahren bereit erklärt, sachlich gebotene Auflagen bzw. Einschränkungen des Besuchsrechts zu akzeptieren. Vor Bundesgericht beantragen sie ein (zumindest) monatliches Besuchsrecht, was nicht per se unangemessen erscheint. In diesem Rahmen haben die kantonalen Behörden (in Koordination zwischen Verfahrensleitung und Vollzugsbehörden) bundesrechtskonforme Besuchsmöglichkeiten des Beschuldigten in der Vollzugsanstalt seiner mitbeschuldigten Lebensgefährtin zu gewährleisten. Der angefochtene Entscheid ist nach dem Gesagten mit dem Bundesrecht nicht vereinbar (E. 4.5).

Der Schlüssel gegen das Besuchsrecht heisst übrigens Kollusionsgefahr. Die konnte im vorliegenden Fall aber nach der bisherigen Verfahrensdauer kaum noch angerufen werden und wurde es auch nicht.