Grundsatzentscheid zur GwG-Meldepflicht und zur VStrR-Verjährung
Das Bundesgericht (BGE 6B_786/2020 vom 11.01.2021, Publikation in der AS vorgesehen) hält an seiner wenig überzeugenden Rechtsprechung zugunsten der Untersuchungsbehörden fest, wonach die Strafverfügung nach Art. 70 VStrR ein erstinstanzliches Urteil i.S.v. Art. 97 Abs. 3 StGB darstellen soll. An den unbestimmten Rechtsbegriff des „begründeten Verdachts“ i.S.v. Art. 9 Abs. 1 lit. a GwG stellt es – zugunsten der Untersuchungsbehörden – weiterhin bedenklich geringe Anforderungen.
Eine erste Kommentierung des Entscheids finden Sie auf verwaltsungsstrafrecht.ch: Alain Macaluso/Andrew Garbarski, Violation de l’obligation de communiquer (art. 37 LBA): prescription de l’action pénale et notion de soupçons fondés, in www.verwaltungsstrafrecht.ch du 4 février 2021
Es bleibt dabei, dass der begründete Verdacht im Sinne von Art. 9 GwG in zweifacher Weise entstehen kann: Erstens: Ich kann (bzw. meine Compliance-Leute können) den (möglicherweise bloss einfachen) Verdacht durch Abklärungen nach Art. 6 GwG nicht zu einem unbegründeten Verdacht machen; oder zweitens: Ich verzichte auf Abklärungen nach Art. 6 GwG (bzw. ordne keine an), dann ist der einfache Verdacht sowieso begründet. Ergo: Jeder Verdacht ist begründet; auf die eine oder andere Art. Und den Verdacht nicht gehabt zu haben, ist in der Rückschau vermutungsweise fahrlässig. Die Empfehlung für Compliance-Leute ist: Streicht, wenn ihr sie noch drin habt, die Verantwortung für Meldungen nach Art. 9 GwG etc. aus euren Stellenbeschreibungen. Diese (strafrechtliche) Verantwortung gehört in Linie!