Gutachten zur Vorlage „BWIS“

Swissblawg macht auf ein neu erschienenes Gutachten von Prof. Biaggini zur BWIS-Vorlage aufmerksam (Biaggini, Verfassungsrechtliche Abklärung betreffend die Teilrevision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (Vorlage „BWIS“), Gutachten vom Juni 2009, VPB 2009.14, 238 ff.). Die Regeste des Gutachtens lautet wie folgt:

Das Gutachten gelangt zum Schluss, dass übergeordnetes Recht (BV, EMRK) dem Revisionsanliegen nicht prinzipiell entgegensteht.

In Bezug auf die Besonderen Mittel der Informationsbeschaffung (Art. 18a ff. E-BWIS) genügt der Gesetzesentwurf den Anforderungen an eine grundrechtskonforme Ausgestaltung der Mittel noch nicht in jeder Hinsicht. Eine Nachbesserung ist insbesondere in folgenden Punkten geboten:

  • Spezifizierung der Schutzgüter, die einen schwer wiegenden Grundrechtseingriff zu rechtfertigen vermögen bzw. den Eingriff als zumutbar erscheinen lassen;
  • Sicherstellung eines wirksamen Schutzes von Grundrechten Dritter, insbesondere in Bezug auf Berufsgeheimnisse;
  • Sicherstellung eines wirksamen Kerngehaltsschutzes;
  • Eingrenzung und Klarstellung der Weitergabemöglichkeiten in Bezug auf mit besonderen Mitteln der Informationsbeschaffung gewonnenen Personendaten.

Unklarheiten (nicht aber Verfassungs- oder Konventionsverletzungen) ortet das Rechtsgutachten weiter beim Anordnungs- und Genehmigungsverfahren, beim Dringlichkeitsverfahren, bei der Mitteilungspflicht sowie bei der Berichterstattung.

In Bezug auf das Verbot von Tätigkeiten (Art. 18n E-BWIS) wird festgehalten, dass der Entwurf die bundesstaatliche Kompetenzordnung respektiert und einer grundrechtskonformen Auslegung und Anwendung zugänglich ist. Die Norm bildet weder Grundlage für ein Verbot von Organisationen noch für eine Umkehr der Beweislast.

Sowohl die besondere Auskunftspflicht der Behörden (Art. 13a E-BWIS) als auch die Auskunftspflicht gewerblicher Transporteure (Art. 13c E-BWIS) sind im Wesentlichen verfassungskonform. Bemängelt wird das Fehlen hinreichend klarer gesetzlicher Leitplanken für die Weitergabe von Personendaten.

Die geplanten Regelungen betreffend die Funkaufklärung (Art. 14a E-BWIS) weisen noch gewisse Defizite auf. Dies gilt sowohl für den Bereich der dem Fernmeldegeheimnis unterliegenden Ausstrahlung aus dem Inland (unklare Verweiskette) als auch für die übrigen Ausstrahlungen (zu offene Delegation an den Bundesrat betr. Organisation, Verfahren und Funkaufklärung im Einzelnen).

Die Verwendung der Begriffe «innere und äussere Sicherheit» sowie «Terrorismus», «verbotener politischer oder militärischer Nachrichtendienst», «verbotener Handel mit Waffen oder radioaktiven Materialien sowie verbotenem Technologietransfer» ist verfassungskonform.

Eine Konkretisierung oder Legaldefinition der Begriffe «innere und äussere Sicherheit» ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Da es sich um Begriffe aus der Verfassung handelt, wäre grundsätzlich der Verfassungsgeber (und nicht der Gesetzgeber) für eine Präzisierung zuständig.

Eine Konkretisierung oder Legaldefinition der Begriffe «Terrorismus», «verbotener politischer oder militärischer Nachrichtendienst», «verbotener Handel mit Waffen oder radioaktiven Materialien sowie verbotenem Technologietransfer» ist möglich, aber ebenfalls verfassungsrechtlich nicht geboten (für die Beurteilung der massgebenden grundrechtlichen Abwägungen sind im konkreten Einzelfall andere Kriterien weit wichtiger).

Das »indirekte» Auskunftsrecht nach Art. 18 BWIS ist einer verfassungs- und konventionskonformen Auslegung und Anwendung grundsätzlich zugänglich; dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht insoweit nicht.