Haft ohne Rechtstitel – Sicherheit vor Recht
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde eines Sicherheitshäftlings im Nachverfahren teilweise gut, der fast zwei Monate ohne Rechtstitel in Haft behalten wurde, obwohl er darauf ausdrücklich hingewiesen hatte (BGer 1B_270/2017 vom 28.07.2017).
Was bereits bedrohlich nach Freiheitsberaubung riecht, hat die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid nicht einmal erwähnt. Sie hätte es aber gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung im Dispositiv festhalten müssen:
Der Hafttitel des Bezirksgerichtes vom 26. Januar 2017 lief am 26. April 2017 ab. Darauf hat der Beschwerdeführer bereits in seinem Haftentlassungsgesuch vom 9. Juni 2017 ausdrücklich hingewiesen. Erst am 12. Juni 2017 verfügte das Obergericht förmlich die Fortsetzung der Sicherheitshaft für die Weiterdauer des vor dem Obergericht hängigen Beschwerdeverfahrens in der nachträglichen Massnahmensache.
Die Vorinstanz hat sich mit dem gerügten Wegfall eines gültigen Hafttitels (nach dem 26. April 2017) nicht befasst; sie hat sich auf die Prüfung beschränkt, ob am 12. Juni 2017 noch ausreichende materielle Haftgründe bestanden. Mangels eines gültigen strafprozessualen Hafttitels ist die Inhaftierung des Beschwerdeführers zwischen dem 27. April und dem 12. Juni 2017 als formell rechtswidrig zu qualifizieren. Die Unrechtmässigkeit von erstandener Haft ist in der Regel im Dispositiv des Haftprüfungsentscheides festzustellen (…).Die Beschwerde ist insofern teilweise gutzuheissen, und es ist im Dispositiv des angefochtenen Entscheides (antragsgemäss) festzustellen, dass die vom Beschwerdeführer zwischen dem 27. April und dem 12. Juni 2017 erstandene Sicherheitshaft formell unrechtmässig war (E. 2).
Im vorliegenden Fall geht es jedoch um Sicherheitshaft im massnahmenrechtlichen Nachverfahren gegenüber einem rechtskräftig Verurteilten (Art. 363-365 StPO). Zwar hat es das Obergericht versäumt, vor Ablauf der durch das Bezirksgericht festgelegten Haftfrist die Sicherheitshaft förmlich zu verlängern. Vor und nach dieser (vorübergehend formell unrechtmässigen) Inhaftierungsphase haben die zuständigen Haftgerichte die materiellen Haftgründe jedoch mehrmals geprüft und als erfüllt erachtet. Bei dieser Sachlage drängt sich hier von Bundesrechts wegen keine Haftentlassung allein aufgrund des festgestellten Verfahrensfehlers auf. Dabei ist auch dem Anliegen einer effizienten Gefahrenabwehr (Wiederholungsgefahr bei bereits verübten schweren Sexualstraftaten) Rechnung zu tragen (vgl. BGE 143 IV 9 E. 2 S. 11-17; für das Nachverfahren s.a. Urteil 1B_490/2016 vom 24. Januar 2017 E. 4.3).
…die unrechtmässige / formell rechtswidrige, ohne Hafttitel “abgesessene” Haft ist somit im Weiteren wohl auch nicht anzurechnen (Art. 51 i.V.m. Art. 110 Abs. 7 StGB), oder? 😉
Ich könnte darüber ein Buch schreiben denn in den 80er Jahren wurde ich ganze 356 Tage in U-Haft gehalten, weil ich KEIN Geständnis abliefern wollte. Der Richter begründete dies zur Sicherheit weiterer Straftaten obschon KEINE anderen Gründe vorlagen. Noch als das BG noch fast 1 Jahr eine unverzügliche Haftentlassung aus der U-Haft entschied, setzte sich der damalige Gefängnisdirektor darüber hinweg und verlangte, dass erst eine Entlassung stattfinden könnte wenn ich eine Anstellung nachweisen könne.
Wenn sich sogar EINFACHE Gefängnisdirektoren ÜBER das Bundesgericht hinwegsetzen, frage ich mich ernsthaft, wie weit es mit unserer sog. Demokratie und dem sog. Rechtsstaat gekommen ist.
Ich jedenfalls habe das VERTRAUEN in die Justiz VERLOREN.