Haftgrund der Wiederholungsgefahr bei Vermögensdelikten
In einem neuen Grundsatzentscheid äussert sich das Bundesgericht zum Haftgrund der Wiederholungsgefahr bei Vermögensdelikten (BGE 1B_6/2020 vom 29.01.2020; vgl. auch die Medienmitteilung zum Entscheid).
Wie die Vorinstanz geht auch das Bundesgericht von einer ungünstigen Rückfallprognose aus. In einer Gesamtwürdigung gelangt es allerdings zum Schluss, dass die zahlreichen begangenen Delikte nicht geeignet sind, Präventivhaft zu begründen. Bei Vermögensdelikten setzt die Bejahung einer erheblichen Sicherheitsgefährdung voraus, dass die Straftaten die Geschädigten besonders hart bzw. ähnlich treffen wie ein Gewaltdelikt, was hier nicht der Fall war:
Der Beschwerdeführer hat nie jemanden besonders schwer geschädigt, so dass die Sicherheit anderer erheblich gefährdet worden wäre. Wie sich dem Strafbefehl entnehmen lässt, waren die von ihm im Internet bei zahlreichen Firmen bestellten Waren jeweils von vergleichsweise geringem Wert. Bei den ihm neu vorgeworfenen Kreditkartenbetrügen beläuft sich der Deliktsbetrag auf insgesamt Fr. 36’153.05. Geschädigt worden sollen dabei zwei Kreditkartenunternehmen sein. Bei solchen führt ein Schaden in dieser Grössenordnung nicht zu einer besonders schweren Betroffenheit. Bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Vorschussbetrügen beläuft sich der Deliktsbetrag auf Fr. 16’600.–. Wie die Vorinstanz ausführt, sollen insoweit nach derzeitigem Kenntnisstand 78 Personen geschädigt worden sein. Jede dieser Personen wurde somit durchschnittlich um rund Fr. 212.– geschädigt. Eine besonders schwere Betroffenheit kann sich daraus bei niemandem ergeben haben. An einer solchen Betroffenheit fehlt es auch bei der Lotteriegesellschaft, die im Jahr 2018 einen Reingewinn von 372 Millionen Franken erzielte. Ein Schaden von Fr. 32’255.– ist für sie verkraftbar. Dasselbe gilt für den Staat, der dem Beschwerdeführer zu Unrecht Fr. 120’924.20 Sozialhilfe gewährt haben soll. Der Deliktsbetrag bei den dem Beschwerdeführer neu vorgeworfenen Taten beläuft sich auf insgesamt rund Fr. 206’000.–. Er liegt somit im unteren Bereich des Betrags, der dem erwähnten Urteil 1B_247/2016 vom 27. Juli 2016 zugrunde lag, in welchem das Bundesgericht einen besonders schweren Fall verneinte. Der Beschwerdeführer soll die ihm zur Last gelegten Delikte von Juni 2016 bis März 2019 begangen haben. Der Deliktszeitraum ist mithin kürzer als jener von fünf Jahren, um den es im Urteil 1B_247/2016 vom 27. Juli 2016 ging. Wegen Gewalttätigkeiten ist der Beschwerdeführer nie auffällig geworden. Anzeichen dafür, dass er künftig im Zusammenhang mit der Begehung von Vermögensdelikten zu Gewalt neigen könnte, bestehen nicht. Würdigt man dies gesamthaft, drohen vom Beschwerdeführer keine besonders schweren Vermögensdelikte, die den Geschädigten besonders hart bzw. ähnlich treffen wie ein Gewaltdelikt. Wenn die Vorinstanz die erhebliche Sicherheitsgefährdung bejaht hat, verletzt das daher Bundesrecht (E. 2.9, Hervorhebungen durch mich).