Haftverfahren: Bedienungsanleitung des Bundesgericht

Das Bundesgericht erlässt einen neuerlichen Leitentscheid zum Haftverfahren und zum gesetzlich nicht vorgesehenen (aber von der Rechtsprechung des Bundesgerichts gewährten) Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft gegen Haftentscheide des ZMG (BGE 1B_442/2011 vom 04.01.2012, Publikation in der AS vorgesehen).

Im aktuellen Entscheid tritt das Bundesgericht zwar auf eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft mangels aktuellen praktischen Interesses nicht ein, sah es aber aufgrund der “Verfahrensumstände” als gerechtfertigt, den kantonalen Behörden vorzuwerfen, das wirksame Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft verhindert und auch dem Beschleunigungsgebot gemäss Art. 5 StPO (!) nicht hinreichend Rechnung getragen zu haben. Die besondere Umstände ergaben sich eigentlich bloss aus der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft nicht an der Haftverhandlung teilgenommen hat.

Die besonderen Umständen lagen darin, dass die Staatsanwaltschaft an der Hafanordnungsverhandlung nicht teilgenommen hatte und daher von der Abweisung des Haftantrags erst erfahren hat, nachdem der Beschuldigte bereits auf freiem Fuss war. Der neue BGE sagt folgendes:

  • Die Staatsanwaltschaft ist nicht berechtigt, die Verweigerung einer vorsorglichen Inhaftierung des Beschuldigten durch die Beschwerdeinstanz beim Bundesgericht anzufechten (E. 2)
  • Sie muss daher – falls nicht ohnehin vorgesehen – ein mündliches Verfahren beantragen und auch teilnehmen, damit sie ihr Beschwerderecht ausüben kann (E. 3.3);
  • Sie muss die Beschwerde am Schluss der ZMG-Berhandlung mündlich ankündigen (E. 3.3);
  • Sie muss innert drei Stunden eine (wenigstens kurz) begründete Beschwerdeschrift einreichen und darin die Aufrechterhaltung der Haft beantragen (E. 3.3);
  • Anschliessend verfügt die Beschwerdeinstanz (in der Regel) superprovisorisch die Aufrechterhaltung der Haft (E. 3.4).
  • Wie bei Haftverlängerungs- und Haftentlassungsgesuchen vorzugehen ist, lässt das Bundesgericht offen:

    Wie die Behörden bei der Beurteilung von Haftverlängerungsgesuchen (vgl. Art. 227 StPO) und Haftentlassungsbegehren (vgl. Art. 228 StPO) vorzugehen haben, ist im vorstehenden Zusammenhang nicht zu erörtern (E. 3.3)