Höchstrichterliches Geldwäscherei-Rezept?

Die Bundesanwaltschaft hat nach einem neuen Urteil des Bundesgerichts den Erlös aus der konkursamtlichen Zwangsverwertung einer Liegenschaft (ca. CHF 4 Mio.) beschlagnahmt. Dagegen wehrte sich ein Bauunternehmer, dessen Forderungen von ca. CHF 500,000.00 durch eingetragene Bauhandwerkerpfandrechte auf der verwerteten Liegenschaft gesichert waren. Seine Beschwerden wiesen sowohl das Bundesstrafgericht (BB.2006.32 vom 25.10.2006) als nun auch das Bundesgericht (1S.32/2006 vom 19.09.2007) ab.

Die Beschlagnahme begründet nach Art. 71 Abs. 3 StGB bei der Zwangsvollstreckung der Ersatzforderung kein Vorzugsrecht zu Gunsten des Staates.  Wie die Beschwerden trotzdem zu Recht abgewiesen werden konnten, erhellt aus der Begründung des Bundesgerichts.

Die Voraussetzungen für die Aufhebung der strafprozessualen Einziehungsbeschlagnahme sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sehr hoch:

Die hier streitige vorläufige Einziehungsbeschlagnahme ist nach der Praxis des Bundesgerichtes grundsätzlich zulässig, solange ausreichende Verdachtsgründe dafür bestehen, dass deliktisch erlangtes Vermögen (hier etwa betrügerisch erschlichene Kundengelder) im Umfang des beschlagnahmten Verwertungserlöses in die zwangsliquidierte Liegenschaft investiert worden sein könnte. Die strafprozessuale Einziehungsbeschlagnahme ist hingegen aufzuheben, falls entsprechende Verdachtsgründe dahinfallen oder falls eine strafrechtliche Einziehung (oder Ersatzforderung zulasten) des Liquidationserlöses aus materiellrechtlichen Gründen bereits als offensichtlich unzulässig erschiene (E. 4.3, Hervorhebungen durch mich).

Im vorliegenden Fall liess sich das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht feststellen. Damit lag keine offensichtliche Unzulässigkeit der Beschlagnahme vor (was wohl immer der Fall ist), zumal schon die Frage,

wie weit der Strafrichter bei der Anwendung von Art. 70 f. StGB an zwangsvollstreckungsrechtliche Entscheide von Zivil- und Verwaltungsinstanzen (betreffend Anerkennung von Bauhandwerkerpfandrechten und konkursrechtliche Kollokation von Gläubigeransprüchen) rechtlich gebunden ist, […] in Lehre und Rechtsprechung umstritten und unklar [erscheine]. […] Im angefochtenen Entscheid wird sodann auf Anhaltspunkte hingewiesen, wonach die kollozierte Bauhandwerkerforderung deutlich überhöht erscheine bzw. die Schuldanerkennung in diesem Umfang missbräuchlich erfolgt sein könnte, zumal die Forderung in der Höhe von insgesamt ca. einer halben Million Schweizerfranken plus Zinsen für Bauarbeiten während lediglich ca. sieben Arbeitstagen (23. – 31. August 2004) erhoben worden sei. Wie sich aus den Akten ergibt, ist die von der Beschwerdeführerin an den Hauptangeschuldigten persönlich adressierte Rechnung vom 15. September 2004 völlig unspezifiziert und unvollständig. Für “Regiearbeiten” werden pauschal Fr. 259’760.15 verlangt. Der zugehörige Arbeitsrapport der Bauleitung vom 31. August 2004 umfasst lediglich ein A4-Blatt mit Stichworten (E. 3.6).

Damit ist freilich nicht begründet, warum der Strafrichter an die rechtskräftig kollozierte Forderung nicht gebunden sein soll. Aber der Fall stank wohl einfach zu sehr zum Himmel. Dies erklärt wohl auch, dass sich das Bundesgericht ohne jede Not zu einer geradezu zynischen Bemerkung verleiten liess:

In der Fortdauer der Beschlagnahme liegt auch kein unverhältnismässiger Eingriff in die wirtschaftlichen Grundrechte. Zwar ist der Betrag, auf den die Beschwerdeführerin Anspruch erhebt, nicht unbedeutend. Für ein im Hoch- und Tiefbau tätiges Unternehmen sollte jedoch eine (verzinste) Zahlungsverzögerung, welche eine einzige Baustelle und einen Umsatz von wenigen Tagen betrifft, in der Regel nicht zu unzumutbaren wirtschaftlichen Engpässen führen (E. 3.7).

Zur Erinnerung: es ging ja nur um eine halbe Million und um eine “Verzögerung” von mehreren Jahren. Allein das Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht hat fast ein Jahr beansprucht. Aber eben, wir haben es hier wohl mit höchstrichterlichem Zynismus zu tun, der meines Erachtens auch im Umfeld eines Verfahrens gegen einen VIP unnötig ist.

Was ich mich bei der Lektüre dieses Urteil gefragt habe ist, ob damit nicht ein weiteres Geldwäscherei-Rezept publiziert wurde, ein höchstrichterliches sozusagen.