Hooligankonkordat: Die Polizei, Dein Freund und Gesetzgeber

Mit dem Segen der neuen Bundesverfassung (Art. 48 BV) erlassen Organisationen, die von den kantonalen Exekutivbehörden geschaffen wurden, Rechtsnormen, die in Kraft gesetzt werden können, ohne den kantonal- oder bundesrechtlich vorgesehenen demokratischen Gesetzgebungsprozess durchlaufen zu müssen. So geschaffene Normen, die nach der neuen (angeblich bloss nachgeführten) Bundesverfassung keiner Bundesgenehmigung mehr unterliegen, reichen gemäss Bundesgericht (BGE 137 I 31) als gesetzliche Grundlage für die Beschränkung von Grundrechten (Art. 36 Abs. 1 BV). Dass die Legislative faktisch aus dem Gesetzgebungsprozess ausgeschlossen ist, wird als unproblematisch betrachtet, weil die so geschaffenen Erlasse in den Kantonen von der Legislative zu genehmigen und dem Referendum unterstellt sind. Die rechtsetzenden Organisationen nennen sich in der Regel Konferenzen, deren Erlasse Konkordate.

Welchen rechtsstaatlichen Sprengstoff solche Konkordate enthalten können, zeigt etwa das berühmte Hooligankonkordat (Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen; vgl. meine früheren Beiträge), das uns – selbstverständlich unter Vorbehalt des Referendums – die Polizeidirektorenkonferenz mit Genehmigung des Kantonsrats aufs Auge drückt (Amtsblatt des Kantons Solothurn 48/29.11.2013). Die letzte Änderung des Konkordats folgt einem typischen Mechanismus eines immer totalitärer auftretenden Staates: er unterstellt private (Sport-)veranstaltungen der staatlichen Bewilligungspflicht und verschafft sich so die Position des allmächtigen Regulators. Der Kantonsrat hat die Bewilligungspflicht mit lediglich sechs Gegenstimmen (fünf davon immerhin von FDP-Kantonsräten) durchgewinkt.

Das Highlight des Konkordats ist für mich aber weiterhin dessen Art. 3, der die Anforderungen an den Nachweis gewalttätigen Verhaltens regelt und dabei polizeiliche Anzeigen auf die gleiche Stufe stellt wie Gerichtsurteile:

Als Nachweis für gewalttätiges Verhalten nach Artikel 2 gelten:
a) entsprechende Gerichtsurteile oder polizeiliche Anzeigen:
b) glaubwürdige Aussagen oder Bildaufnahmen der Polizei, der Zollverwaltung, des Sicherheitspersonals oder der Sportverbände und -vereine;
c) Stadionverbote der Sportverbände oder -vereine;
d) Meldungen einer zuständigen ausländischen Behörde.