Humanitärer Ausgang und ein folgenschweres Urteil des Bundesgerichts

Nach knapp 20 Jahren im Vollzug wollte das zuständige Verwaltungsgericht dem sog. “Uzi-Killer” aus humanitären Gründen jährlich vier maximal fünfstündige begleitete Ausgänge bewilligen. Die Ausgänge waren von etlichen Voraussetzungen abhängig, welche der Uzi-Killer zu erfüllen hatte. Zudem sollte ein strenges Sicherheitskonzept umgesetzt werden. Das ist dem Bundesgericht zu gefährlich (BGer 664/2013 vom 16.12.2013). Es hebt den Entscheid auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft auf. Dass sich die Staatsanwaltschaft im kantonalen Verfahren nicht beteiligt hatte und für Vollzugsfragen ja auch nicht zuständig ist, störte das Bundesgericht nicht.

Das Bundesgericht kommt in Dreierbesetzung zum Schluss, die Staatsanwaltschaft müsse mitreden können und weist ihr gleichzeitig neue Aufgaben im Vollzug zu:

 

Vollzugsöffnungen bei gemeingefährlichen Tätern betreffen die öffentliche Sicherheit. In diesem Rahmen ist die Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 78 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG anzuerkennen (E. 1.3).
Die Staatsanwaltschaft nahm am kantonalen Verfahren nicht teil. Nach der Rechtsprechung ist sie dennoch legitimiert, den vorinstanzlichen Vollzugsentscheid anzufechten (BGE 139 I 51 E. 2.3; ferner BGE 135 I 63 E. 1.1.1 und 1.1.2) [E. 1.4]
Um sein Eintreten zu rechtfertigen, musste das Bundesgericht jetzt noch das System korrigieren und legt den Kantonen ein – je nach Umsetzung – ziemlich grosses Ei:
Es ist indessen systemwidrig, dass das Bundesgericht erstmals Rügen der Staatsanwaltschaft zu beurteilen hat, die sich am kantonalen Verfahren nicht beteiligte oder keine Möglichkeit zur Teilnahme hatte (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. a sowie Art. 99 BGG). Das kantonale Recht wird vorsehen müssen, dass die Staatsanwaltschaft in geeigneter Weise an solchen Vollzugsentscheidungen beteiligt wird (vgl. etwa Urteil 6B_94/2013 vom 3. Oktober 2013 E. 1.2 letzter Absatz).
Das wird dann wohl auch heissen, dass auch die Verteidigung in geeigneter Weise beteiligt werden muss. Das wird zwangläufig auf notwendige Verteidigung im Strafvollzug hinauslaufen müssen.
In der Sache zerreist das Bundesgericht die Vorinstanz und den Gutachter. Das kann indirekt dem Urteil selbst, direkter der NZZ entnommen werden, worauf ich hier verweisen darf.
Ich habe Mühe mit der Vorstellung, dass es nach verbüssten 20 Jahren nicht möglich sein soll, jährlich 20 Stunden Ausgang unter allen erdenklichen Sicherheitsvorkehren zu bewilligen. Müssen wir jetzt Sicherheit auch dort produzieren, wo sie gar nicht gefährdet ist?